Amerikanischer Bürgerkrieg

 

Er ist als Kampf um die Abschaffung der Sklaverei zwischen den „guten” Nordstaatlern und den „bösen” Südstaatlern in die Geschichte eingegangen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit hatten kulturelle Gegensätze, Machtkämpfe und unterschiedliche wirtschaftliche Interessen schon lange vorher zu einem tiefen Riss zwischen den nördlichen und den südlichen Bundesstaaten der jungen USA geführt. Zum Auslöser des Krieges wurde der eigenmächtige Austritt der Südstaaten aus der Union der Vereinigten Staaten von Amerika; die Südstaaten wollten einen eigenen Staat gründen. Deshalb galten die Südstaatler als „Rebellen”. Der äußerst erbittert geführte Amerikanische Bürgerkrieg, der 1861 begann und 1865 mit der Niederlage des abtrünnigen Südens endete, war der erste moderne Massenkrieg. Seine Nachwirkungen sind in den USA bis heute spürbar.

Eine Abspaltung, wie sie die Südstaaten vollzogen haben, heißt „Sezession”; daher nennt man den Amerikanischen Bürgerkrieg auch Sezessionskrieg.

NORD-SÜD-GEGENSATZ

Nicht einmal 80 Jahre nach der Unabhängigkeit von England drohten die jungen Vereinigten Staaten von Amerika schon wieder auseinander zu brechen. Der Grund dafür lag in den unterschiedlichen Wertvorstellungen in den nördlich gelegenen Industriestaaten und den von der Landwirtschaft geprägten Bundesstaaten weiter südlich. In den Südstaaten lebte man von der Plantagenwirtschaft. Schwarze Sklaven verrichteten unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeit auf den riesigen Baumwoll-, Tabak-, Zuckerrohr-, Reis- und Hanfpflanzungen. Die Besitzer der riesigen Plantagen und der Sklavenheere dagegen pflegten einen herrschaftlichen Lebensstil.

In den Nordstaaten, wo es anfangs ebenfalls die Sklaverei gegeben hatte, war sie in der öffentlichen Meinung inzwischen verpönt. Zu diesem Gesinnungswandel beigetragen hatten die Abolitionisten (von englisch abolition: Abschaffung), die für die Menschenrechte der Schwarzen und die Abschaffung der Sklaverei kämpften. Außerdem lebte man im Norden inzwischen schon hauptsächlich von der Industriearbeit und benötigte lange nicht so viele Arbeitskräfte wie der Süden. Als es nun um die Besiedlung des amerikanischen Westens ging, kam es im Parlament der Vereinigten Staaten zum Streit zwischen den Vertretern der Nord- und der Südstaaten über die Frage der Sklaverei in den künftigen neuen Bundesstaaten.

Streitpunkt Sklaverei
in Streitpunkt zwischen den Nord- und den Südstaaten waren mehrere Sklavenfluchtgesetze, die von 1793 bis 1850 verabschiedet wurden. Sie erlaubten Sklavenhaltern, entkommene Sklaven im gesamten Gebiet der USA wieder einzufangen – auch in den Nordstaaten, wo die Sklaverei verboten war und wohin viele geflohene Sklaven sich wandten. Besonders ab dem Jahr 1850, als Harriet Beecher Stowe den Menschen mit ihrem Roman Onkel Toms Hütte die Augen für die Unmenschlichkeit der Sklaverei geöffnet hatte, erregte die Jagd auf entlaufene Sklaven in den Städten des Nordens den Unwillen der Bevölkerung. Aus Protest wurden in verschiedenen Staaten des Nordens Gesetze verabschiedet, die es ermöglichten, Sklavenfänger wegen Entführung anzuklagen.

LINCOLN GEGEN DIE SEZESSION

Zum Auslöser der Abspaltung der Südstaaten wurde die Wahl von Abraham Lincoln (1809-1865) zum Präsidenten der USA im November 1860. Er war der Kandidat der neuen Republikanischen Partei, die 1854 als Gegengewicht zur Demokratischen Partei gegründet worden war. Denn die Demokratische Partei, die bisher den Präsidenten gestellt hatte, befürwortete Sklaverei; die Republikanische Partei dagegen lehnte sie ab. Durch die Wahl Lincolns zum Präsidenten war der Süden, der die Sklaverei unbedingt beibehalten wollte, in eine Minderheitenposition geraten.

Obwohl Lincoln eigentlich ein Gegner der Sklaverei war, hatte er die Absicht, es jedem Staat freizustellen, ob er Sklaverei erlaube oder nicht. Doch in einem Punkt war er unerbittlich: Er wollte die Einheit der Nation, die die Amerikaner im Unabhängigkeitskrieg gegen England gewonnen hatten, unter allen Umständen bewahren. Den Zusammenschluss der Südstaaten zu einer Konföderation (einem Verbund eigenständiger Staaten) und ihre Trennung von der Union erklärte er für unrechtmäßig. Als der Süden Lincoln und seiner Regierung die Gefolgschaft verweigerte, brach am 12. April 1861 der Sezessionskrieg aus, der Amerikanische Bürgerkrieg zwischen Nordstaatlern und Südstaatlern.

DIE KONFÖDERIERTEN

Zum Wortführer für die Sache des Südens wurde der Politiker Jefferson Davis (1808-1889) aus Kentucky. Er betrachtete die Vereinigten Staaten als einen wirtschaftlichen und politischen Zusammenschluss, den man verlassen kann, wenn er einem nicht mehr nützt. Am 20. Dezember 1860 verkündete South Carolina als erster Bundesstaat den Abbruch aller Verbindungen mit den Vereinigten Staaten. Mississippi schloss sich am 9. Januar 1861 an, Florida am nächsten und Alabama am übernächsten Tag. Bis zum 1. Februar 1861 hatten alle sieben Staaten des „tiefen Südens” von South Carolina bis Texas ihre Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten erklärt.

Am 8. Februar 1861 trafen sich Abgeordnete dieser Staaten in der Stadt Montgomery in Alabama, um eine eigene Regierung zu bilden. Jefferson Davis wurde tags darauf zum Präsidenten der Confederate States of America (der Konföderierten Staaten von Amerika) gewählt. Als Lincoln die Bundesstaaten aufforderte, 75 000 Freiwillige zu stellen, um die Rebellion niederzuschlagen, verweigerten sich auch die Staaten Virginia, North Carolina, Tennessee und Arkansas und schlugen sich auf die Seite der Konföderierten. Von allen Sklavenhalterstaaten hielt nur Delaware zur Union, wie die Nordstaaten, also das, was von den USA übrig geblieben war, genannt wurden.

Blauröcke gegen Grauröcke
Der Norden produzierte im Jahr 1860 eine Million Tonnen Stahl, der Süden nur 36 000 Tonnen. Während des Krieges wuchs im Norden das Eisenbahnnetz um mehr als 600 Meilen, während im Süden keine einzige neue Schiene verlegt wurde. Die „Blauröcke”, wie die Soldaten des Nordens wegen der Farbe ihrer Uniformen genannt wurden, waren wesentlich besser ausgerüstet. Viele Fabrikanten des Nordens verdienten durch den Krieg ein Vermögen. Die Anfangserfolge der „Grauröcke”, der Soldaten des Südens, lagen nicht zuletzt daran, dass sie unter dem Kommando erfahrener Generäle wie Robert E. Lee oder Thomas J. Jackson standen, die einst zu den Besten der Bundesarmee gehört hatten.

GRAUSAMER BRUDERKRIEG

Es war ein Bruderkrieg. In den beiden Armeen kämpften insgesamt rund zweieinhalb Millionen Männer gegeneinander. Alte Kameraden, die einst z. B. im Mexikanischen Krieg 15 Jahre zuvor gemeinsam gekämpft hatten, standen sich nun als Feinde gegenüber. Familien wurden zerrissen. Selbst Lincoln hatte Verwandte, die für den Süden kämpften.

Die überwiegend aus Freiwilligen bestehenden Truppen der elf Südstaaten hatten beachtliche Anfangserfolge. Doch längerfristig hatten sie keine Chance. Der Süden war zahlenmäßig, wirtschaftlich und technisch hoffnungslos unterlegen. Die Streitkräfte des Nordens waren viel größer. Mehr als vier Fünftel der kriegstüchtigen Männer und fast die gesamte industrielle Produktion der USA konzentrierten sich in der Union der Nordstaaten.

Der Amerikanische Bürgerkrieg war äußerst grausam und verlustreich. Er wurde mit der damals modernsten Waffentechnik des Industriezeitalters ausgetragen. 620 000 Menschen starben und 400 000 wurden verletzt. 2 400 Schlachten und kleinere Gefechte fanden in den vier Jahren des Bürgerkrieges statt. Am grausamsten war die Schlacht bei Gettysburg vom 1. bis zum 3. Juli 1863: Die Armee der Konföderierten verlor dabei schätzungsweise ein Drittel ihrer Soldaten, und mit insgesamt 53 000 Toten auf beiden Seiten war Gettysburg die größte und blutigste Schlacht, die je auf amerikanischem Boden geführt wurde. Obwohl die Konföderierten in der Schlacht von Gettysburg entscheidend geschlagen wurden und der Krieg eigentlich hätte zu Ende sein können, schleppte er sich noch fast zwei Jahre lang hin. Im April 1865 ergab sich die Hauptarmee der Südstaaten, und erst über einen Monat später kapitulierten auch die letzten Südstaatler.

Moderne Kriegsführung
Die hohen Opferzahlen erklären sich damit, dass im Amerikanischen Bürgerkrieg eine ganze Reihe moderner Waffen zum Einsatz kam. Darunter befanden sich verschiedene Typen von Schnellfeuergewehren, Handgranaten, Raketenwerfer sowie Geschütze und Kanonen mit hoher Treffsicherheit. 1861 verhängte Abraham Lincoln eine Seeblockade, um die Handelsschiffe der Südstaaten am Auslaufen zu hindern und die Versorgung über das Meer abzuschneiden. Die Häfen wurden vermint, und auf den Flüssen und vor der Küste patrouillierten Kanonenboote und Panzerschiffe – unter ihnen die berühmte Monitor der Union und die Merrimack der Konföderierten. Im Seekrieg wurde von beiden Seiten sogar mit U-Booten experimentiert.

WAS BLIEB?

Nach dem Ende des Krieges waren große Gebiete des Südens, Plantagen und Städte, verwüstet. Aber die Union war gerettet, d. h., die Konföderation der Südstaaten wurde aufgelöst und die Staaten wieder der Union angegliedert. Und die Sklaverei wurde nun endgültig abgeschafft. Schon während des Krieges, noch vor der entscheidenden Schlacht von Gettysburg, hatte Präsident Lincoln die „Emanzipationserklärung” verkündet. Damit hatte er die mehr als drei Millionen Sklaven der Südstaaten in die Freiheit entlassen. Nach dem Ende des Krieges wurde die Sklaverei durch einen Zusatzartikel in der amerikanischen Verfassung vollständig abgeschafft. Das Ende der Rassendiskriminierung (also der Unterdrückung einer anderen Rasse, in diesem Falle der Schwarzen) und gleiche Bürgerrechte für die Schwarzen bedeutete dies freilich noch lange nicht.

Aber es bleib ein Riss zwischen dem Norden und dem Süden. Denn die Niederlage stärkte das Gemeinschaftsgefühl und den Nationalismus in den Bundesstaaten des Südens. Nach wie vor herrscht dort eine gewisse Feindseligkeit gegenüber den „Yankees”, wie man die Nordstaatler im Krieg verächtlich nannte. Noch heute hängt die Flagge der Konföderation in sämtlichen Amtsstuben und vielen Privathäusern. Statuen von Jefferson Davis zieren viele öffentliche Plätze. Die Bevölkerung des Südens blieb nach dem Krieg ihrem gewohnten Lebensstil weitgehend treu. Durch die Abschaffung der Sklaverei verloren die Südstaaten jedoch ihr gewaltiges Heer an nahezu kostenlosen Arbeitskräften. Das führte zu einer deutlichen Senkung des Wohlstands. Der Süden der USA ist stets ärmer und rückständiger geblieben als der Norden.

Lincolns teurer Sieg
In einer berühmten Rede anlässlich des Kriegsendes sagte Präsident Abraham Lincoln: „Wir haben für mehr als die Beendigung der Sklaverei gekämpft, für mehr als die Erhaltung der Union. Wir haben gekämpft, damit die Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk nicht von der Erde verschwindet.” Lincoln bezahlte seinen Sieg mit dem Leben. Fünf Tage nach der Kapitulation der Konföderierten wurde er am 14. April 1865 von einem fanatischen Südstaatler erschossen.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)