Bevölkerung
Stell dir vor, die Welt wäre ein Dorf mit 100 Einwohnern, dann sähe sie in etwa so aus: 60 Dorfbewohner kämen aus Asien, zwölf aus Europa, sechs aus Nordamerika, acht aus Südamerika und 14 aus Afrika. Es gäbe 52 Frauen und Mädchen sowie 48 Männer und Buben. Von den Dorfbewohnern hätten nur 30 eine weiße Hautfarbe, und nur 30 wären Christen. Weit über die Hälfte des gesamten Reichtums befände sich im Besitz von nur sechs Bewohnern, die allesamt aus den USA stammten. Dafür lebten 80 Menschen nur in notdürftigen Hütten oder Zelten, 70 könnten weder lesen noch schreiben, und 50 hätten kaum etwas zum Essen. Nur ein Einziger im Dorf hätte einen Universitätsabschluss, und nur Einer besäße einen Computer. Und jedes Mal, wenn ein Dorfbewohner sterben würde, kämen ein oder zwei Babys auf die Welt.
BEVÖLKERUNGSEXPLOSION Betrachtet man die Weltbevölkerung in Zahlen, so hat sie etwas Beängstigendes. Immerhin vergingen seit der Steinzeit mehrere Zehntausend Jahre, ehe es die Menschheit im Jahr 1804 erstmals auf eine Milliarde brachte. Die zweite Milliarde war bereits 123 Jahre später, also 1927, erreicht. Von nun an ging es Schlag auf Schlag: Für die dritte Milliarde (1960) brauchte die Menschheit nur noch 33 Jahre, für die vierte Milliarde (1974) gar nur 14 Jahre, für die fünfte Milliarde (1987) 13 Jahre, und schon weitere zwölf Jahre später durchbrach die Weltbevölkerung die Marke von sechs Milliarden (1999). Die Ursache dieser unglaublichen Bevölkerungsexplosion lag in den besseren Lebensbedingungen im 20. Jahrhundert. Zu den Segnungen des Industriezeitalters gehört nämlich auch, dass mehr Menschen ausreichend ernährt werden können. Und die Fortschritte in der Medizin bewahren die Menschen mehr und mehr vor tödlichen Krankheiten. Dank der fortschrittlichen Medizin ist die Lebenserwartung – die durchschnittliche Lebensdauer – in den reicheren Ländern auch wesentlich höher als in den unterentwickelten Teilen der Welt. Am niedrigsten ist sie heute in Afrika, dem ärmsten Kontinent überhaupt. Denn dort ist die Sterblichkeit sehr hoch, d. h., es sterben viele Menschen früh an Krankheiten, Hunger oder im Krieg. Und je höher die Sterblichkeit ist, desto niedriger ist die Lebenserwartung. Der Hauptgrund für die hohe Sterblichkeit in Afrika sind tödliche Ansteckungskrankheiten, von denen vor allem kleine Kinder befallen werden.
ALTERUNG Schwarzseher, die die Erde schon in Kürze aus allen Nähten platzen sahen, können inzwischen ein wenig aufatmen. Denn das Bevölkerungswachstum hat sich in den letzten 15 Jahren etwas verlangsamt. Die höchsten Zuwächse sind derzeit in Afrika, im Nahen Osten, in Mittel- und Südamerika sowie in Südostasien zu verzeichnen. China und Indien, die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde, wachsen hingegen nicht mehr so schnell wie früher. In einigen der reichsten Länder der Welt schrumpft die Bevölkerung sogar – auch bei uns. Doch gerade das finden Bevölkerungsexperten alarmierend. Die Lebenserwartung der Menschen steigt langsam aber stetig. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern, aber auch innerhalb der Länder selbst. Denn auch in den wohlhabenden Ländern – den Industriestaaten – gilt, dass reiche Menschen dort älter werden als arme. Obwohl es z. B. in den USA die modernsten medizinischen Einrichtungen der Welt gibt, kommen sie noch lange nicht jedermann im gleichen Maß zugute. Der Bevölkerungsrückgang bei uns liegt daran, dass es in den Familien immer weniger Kinder gibt. Wenn die Lebenserwartung steigt und es gleichzeitig an Nachwuchs mangelt, nimmt zwangsläufig der Anteil alter Menschen an der Bevölkerung zu. Dies bedeutet, dass die Alten immer weniger junge Menschen finden werden, die sich um ihre Versorgung kümmern können, wenn sie gebrechlich und nicht mehr arbeitsfähig sind. Das ist eine in der Geschichte einzigartige Entwicklung. Die Politiker haben das Problem erkannt; eine Lösung haben sie noch nicht gefunden.
MIGRATION Anhaltendes Bevölkerungswachstum und Not in den ärmsten Ländern zwingen viele Menschen zu Auswanderung und Flucht, zur „Migration” (Wanderung). Der befürchtete „Sturm auf Europa” von Menschen aus Afrika und Asien ist bis jetzt jedoch ausgeblieben. Zum einen schottet sich Europa ab, zum anderen sind die verarmten Menschen gar nicht in der Lage, andere Kontinente zu erreichen. So finden die größten Wanderungsbewegungen innerhalb der Dritten Welt statt – und dort vor allem vom Land in die Städte.
UNGLEICHHEIT Weltweit leben insgesamt 1,3 Milliarden Menschen in völliger Armut. Mehr als die Hälfte von ihnen leidet an Unterernährung. Jedes Jahr sterben 40 Millionen Menschen an Krankheiten infolge von Hunger; die Hälfte davon sind Kinder. Das entspricht 300 Flugzeugabstürzen täglich, bei denen kein Passagier überlebt. Auf der anderen Seite leiden die Menschen in den reichen Ländern an den Folgen von Überernährung und Fettleibigkeit. Eigentlich gäbe es Nahrungsmittel genug, um die gesamte Weltbevölkerung von sechs Milliarden Menschen ernähren zu können. Afrika ist der einzige Kontinent, der nicht genügend erntet, um den Bedarf seiner Bevölkerung zu decken. Die restliche Welt produziert Überschüsse, die teilweise sogar vernichtet werden. Hunger ist in erster Linie eine Frage der gerechten Verteilung. Doch nicht nur Nahrung ist auf der Welt ungleich verteilt. Die 225 reichsten Menschen der Welt besitzen z. B. mehr Geld, als die drei Milliarden Ärmsten in einem Jahr zusammen verdienen. Die insgesamt 1,2 Milliarden Menschen in den reichen Ländern verbrauchen im täglichen Leben 16 Mal mehr Waren und Güter als die ärmsten 1,2 Milliarden Menschen. So verbrauchen wir im Vergleich zu den ärmsten Ländern der Welt sieben Mal so viel Fisch und elf Mal so viel Fleisch, 17 Mal so viel Energie und beinahe 80 Mal so viel Papier. Wenn man die Nutzung von Kraftfahrzeugen mit einbezieht, liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in den reichsten Bevölkerungen sogar 145 Mal höher. Genauso groß wie das Wohlstandsgefälle (der Unterschied zwischen Arm und Reich) zwischen verschiedenen Ländern kann es aber auch innerhalb eines einzigen Landes sein. Mit Ausnahme von Norwegen und Schweden lebt in den reichen Ländern mindestens jeder zehnte Bürger in Armut.
Für Kinder und
Jugendliche (© cpw, 2007) |