Bronzezeit

 

Noch ist nicht geklärt, wie die Menschen auf die glorreiche Idee gekommen sind, dass man aus erzhaltigem Gestein einen Rohstoff zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen gewinnen kann, die den steinernen weit überlegen sind. Der Übergang von der Steinzeit zur Metallzeit brachte die Menschheit einen weiteren Riesenschritt voran. Während die Holzkonstruktionen der vorangegangenen Jahrtausende längst zu Staub zerfallen sind, künden monumentale Bauwerke, Waffen, Werkzeuge, Schmuck und andere Gegenstände noch heute von den ungeheuren kulturellen Leistungen in der Bronzezeit, die den Beginn dieser neuen Epoche markiert.

Goldene Zeit im Mittelmeerraum
Die Bronzezeit war im Mittelmeerraum ein goldenes Zeitalter. Die Palastkulturen von Kreta (2000-1400 v. Chr.) und Mykene (1600-1200 v. Chr.) waren auf ihrem Höhepunkt. Es war die Zeit griechischer Sagenhelden wie Odysseus oder Achilleus und des Trojanischen Krieges (um 1200 v. Chr.). In Ägypten herrschten so berühmte Pharaonen wie Tutanchamun (1333-1323 v. Chr.) und Echnaton (um 1351 bis 1334 v. Chr.) mit seiner Frau Nofretete.

ZYKLOPENMAUERN UND RIESENBAUTEN

Ohne Hauwerkzeuge aus Metall hätten die Menschen niemals die fugenlosen riesigen Mauern der Burg des griechischen Königs Agamemnon in Mykene bauen können, und auch die gigantischen Steinquader der Kultstätte von Stonehenge im Südwesten Englands wären nicht errichtet worden. Ganz zu schweigen von den Tempeln, Türmen und Pyramiden Ägyptens und Babylons. Dort im Vorderen Orient arbeitete und kämpfte man schon mit Bronzegeräten, als man hierzulande noch auf geglätteten Feuerstein stolz war. Was Mitteleuropa anbelangt, gehört die Bronzezeit noch immer zur „Vorgeschichte”, weil bisher keine schriftlichen Hinterlassenschaften entdeckt wurden. Im Gegensatz zu den alten Sumerern, Ägyptern oder Babyloniern konnten die nördlicheren Völker dieser Zeit offenbar noch nicht schreiben. So sind die Forscher bislang auf archäologische Fundstücke angewiesen, um Rückschlüsse auf ihre Kulturen zu ziehen.

ENTDECKUNG DURCH ZUFALL

Funde in der Nähe von Bang Chiang in Thailand lassen darauf schließen, dass Bronze schon 4500 v. Chr. bekannt war. Zinnbronze, also die „echte” Bronze, aus der heute noch Kirchenglocken gegossen werden, tauchte erstmals um 3000 v. Chr. bei den Sumerern auf. Sie entsteht bei der Verschmelzung (Legierung) von Kupfer- und Zinnerz und ist wahrscheinlich eine Zufallsentdeckung. Sie hat einen tieferen Schmelzpunkt (muss also zum Schmelzen nicht so hoch erhitzt werden) und ist wesentlich härter als das schon länger bekannte Kupfer. Und Bronze ist das ideale Material für den Guss von Kriegsgerät wie Schwertern, Streitäxten, Helmen, Brustpanzern sowie zur Herstellung von Werkzeug wie Hacken, Hämmern, Meißeln, Schaufeln, Zangen und Bohrern. Ihr goldener Glanz machte Gefäße, Schmuckstücke, Kunstgegenstände und Musikinstrumente aus Bronze zu einer heiß begehrten Ware. Dies und der Mangel an eigenen Kupfer- und Zinnvorkommen in manchen Gegenden brachte nebenbei den Fernhandel in Schwung und förderte die Entwicklung von Schiffbau und Seefahrt.

Wunderliche Musikinstrumente
Neben unzähligen Gürtelscheiben, Schmucknadeln, Armreifen, Hals- und Ohrringen aus der Bronzezeit fanden sich bei Ausgrabungen auch Luren. Das sind rund zwei Meter lange, mehrfach geschwungene Fanfaren aus dünn gegossener Bronze. Ihr lauter, kräftiger Klang, den man ihnen heute noch entlocken kann, erinnert entfernt an Waldhörner.

ERSTE MASSENWARE

Auf dem Mitterberg im Salzkammergut (Österreich) hat man ein Kupferbergwerk aus der Bronzezeit entdeckt, das die Jahrtausende gut überstanden hat. Schächte und Stollen, Hau- und Schmelzplätze, Werkzeuge und Gussgefäße waren noch erhalten. So fand man große Pickel, mit denen das kupferhaltige Gestein aus den Wänden gebrochen wurde. Außerdem Steinschlägel, mit denen das Gestein anschließend grob zerschlagen wurde, ehe man es mit Handkieseln weiter zerkleinerte. Zuletzt wurde es mit Mahlsteinen zerrieben, in Schmelztiegel gefüllt und geschmolzen. Da reines Kupfer für Werkzeuge und Waffen zu weich ist, mischte man neun Teilen Kupfer einen Teil Zinn bei – und fertig war die Bronze.

Die flüssige Bronze wurde in Gussformen aus Ton geschüttet – so konnte man damit beliebig Waffen, Werkzeuge, Schmuckstücke und Gefäße massenhaft in Serie herstellen, ähnlich wie in Fabriken. Geräte aus Bronze waren den Steinwerkzeugen gleich in zweifacher Hinsicht überlegen: Erstens waren sie wesentlich schärfer. So konnte man mit einer Bronzeaxt einen Baum im Bruchteil der Zeit fällen, die man mit einer herkömmlichen Steinaxt benötigte. Und zweitens mussten Bronzegeräte nicht mehr weggeworfen werden, wenn sie zerbrachen. Die Teile ließen sich jederzeit wieder zusammenschmelzen.

Frühe Meisterwerke
Die Gießtechnik ermöglichte auch die Herstellung monumentaler Kunstwerke aus Bronze. Zu den frühesten Meisterwerken zählen prächtige Bronzegefäße aus China. Beeindruckend ist auch die etwa zwei Tonnen (2 000 Kilogramm) schwere lebensgroße Statue der Königin Napir-asu von Elam (im heutigen Iran) aus der Zeit um 1300 v. Chr. Und schon im Alten Testament werden gigantische Bronzegegenstände aus dem Tempel Salomos beschrieben: unter anderem ein als „Meer” bezeichnetes riesiges Wasserbecken, das von zwölf bronzenen Rindern getragen wurde, oder zwei hohe Bronzesäulen am Tempelportal, die die Namen Jachin und Boas trugen.

EIN DUNKLES ZEITALTER IN MITTELEUROPA

Die Bronzezeit lässt sich in Mitteleuropa in drei Abschnitte fassen:

Frühbronzezeit (ca. 2200 bis 1500 v. Chr.)
Mittelbronzezeit (ca. 1500 bis 1300 v. Chr.)
Spätbronzezeit (ca. 1300 bis 800 v. Chr.)
 

Da für das Mitteleuropa dieser Zeit weder die Namen von Herrschern noch die von Völkern bekannt sind, werden die unterschiedlichen Kulturen nach Fundorten oder besonderen Merkmalen von Fundstücken benannt (Aunjetitzer Kultur, Lausitzer Kultur, Arbonkultur, Adlerbergkultur, Hügelgräberkultur, Urnenfelderkultur, Glockenbecherkultur usw.).

Die meisten Informationen, die wir über die Bronzezeit in Mitteleuropa haben, stammen aus Gräbern. In der Frühbronzezeit wurden die Toten in der so genannten Hockerstellung mit zur Brust angezogenen Knien begraben. In der Mittelbronzezeit schüttete man über den Särgen Grabhügel auf. Und in der Spätbronzezeit ging man dazu über, die Toten zu verbrennen und ihre Asche und Knochenreste in Urnen auf freiem Feld beizusetzen. Nur vereinzelt hat man prunkvolle „Königsgräber” mit reichhaltigen Beigaben gefunden. Dies deutet darauf hin, dass es in den bronzezeitlichen Gesellschaften ausgeprägte Rangunterschiede zwischen einer kleinen mächtigen Oberschicht und dem einfachen Volk gab. Dies ist typisch auch für andere bronzezeitliche Kulturen etwa in Griechenland oder Ägypten.

Neben einer Unmenge von Gräbern wurden auch die Überreste einer beträchtlichen Anzahl von Kultstätten ausgegraben. Die meisten befanden sich unter freiem Himmel. Hier brachte man den Göttern Speisen, Getreide, Pflanzen, Tiere und vereinzelt auch Menschen als Opfer dar.

Abgelöst wurde die Bronzezeit von der Eisenzeit. Bronze blieb als Material für Kult- und Alltagsgegenstände zwar bis heute erhalten. Aber vor allem Waffen und Werkzeuge wurden von da an aus dem wesentlich härteren Eisen hergestellt.

Die Himmelsscheibe von Nebra
Die Himmelsscheibe von Nebra ist einer der bedeutendsten Funde aus der Bronzezeit in Deutschland. Sie ist ungefähr 3 600 Jahre alt und zeigt Symbole aus reinem Gold, die als Sonne, Mondsichel und ein Sternbild gedeutet wurden. Die zwei Kilogramm schwere und 32 Zentimeter große Scheibe stammt aus einer ringförmigen Wallanlage in Sachsen-Anhalt. Die Polizei stellte sie 1998 in einer abenteuerlichen Aktion bei Grabräubern sicher, die sie gestohlen hatten und in der Schweiz verkaufen wollten.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)