Charles de Gaulle
Ohne ihn wäre es vielleicht längst vorbei mit der „Grande Nation”, der „großen Nation”. Mehr als einmal erwies er sich als Frankreichs Retter aus größter Not. Der Offizier und Politiker bewährte sich während des 2. Weltkrieges, steuerte sein Land erfolgreich durch Krisen und versöhnte es schließlich mit dem alten Erbfeind Deutschland. In seiner Politik war Charles de Gaulle stets auf die nationale Einheit und Stärke Frankreichs bedacht. VOM KLOSTERSCHÜLER ZUM PANZERGENERAL Charles de Gaulle wurde am 22. November 1890 in Lille geboren. Seine streng katholischen Eltern schickten ihn zur Erziehung zu Jesuiten und Augustinern. 1908 ging Charles auf die Offiziersschule. Im 1. Weltkrieg (1914-1918) dreimal verwundet, geriet er in deutsche Gefangenschaft und kehrte 1918 nach Frankreich zurück. Er machte eine steile militärische Karriere bei den Panzertruppen. Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges (1939-1945) wurde er im Range eines Brigadegenerals ins Kriegsministerium berufen, um den gemeinsamen Kampf mit England gegen das nationalsozialistische Deutschland zu organisieren.
BEFREIER UND SIEGER Als sich im Juni 1940 die französische Regierung Hitler ergab, setzte sich de Gaulle nach England ab und rief seine Landsleute über den Rundfunk zum Widerstand auf – zum Widerstand gegen die deutschen Besatzer und gegen die so genannte Vichy-Regierung unter Marschall Pétain, die das unbesetzte Frankreich regierte und eng mit den Nationalsozialisten zusammenarbeitete. De Gaulle bildete in London das Französische Nationalkomitee, das bald als rechtmäßige Vertretung Frankreichs anerkannt wurde. Auch der britische Premierminister Winston Churchill bestätigte ihn als Chef des „Freien Frankreich” und unterstützte ihn beim Aufbau der „Freien Französischen Truppen”. Mit ihnen beteiligte sich de Gaulle an den Feldzügen der Alliierten gegen die deutsche Wehrmacht, und am 25. August 1944 zog er im Triumph ins befreite Paris ein. Für seinen Beitrag zum Sieg über Deutschland erklärten die Alliierten – USA, Großbritannien und Sowjetunion – Frankreich zur vierten Siegermacht und zum gleichberechtigten Partner.
DER ERSTE GRIFF NACH DER MACHT Nach den Erfahrungen, die Frankreich im 2. Weltkrieg gemacht hatte – die Niederlage zu Beginn des Krieges und die darauf folgende diktatorische Vichy-Regierung –, wollte sich das Land eine neue Verfassung geben. Bis die neue Verfassung ausgearbeitet war, wurde de Gaulle vorläufiger Staatspräsident. Nach seiner Vorstellung sollte in einer neuen französischen Republik der Staatspräsident große Macht bekommen. Da diese Idee aber bei der Nationalversammlung keinen Anklang fand, verzichtete de Gaulle 1946 darauf, sich für das Amt des Staatspräsidenten zu bewerben. Er gründete eine eigene Partei, die „Sammlungsbewegung des französischen Volkes”, die aus seinen Anhängern, den so genannten Gaullisten, bestand. Aber die Partei zerstritt sich schon bald, hatte keinen Erfolg mehr und wurde 1953 aufgelöst. De Gaulle zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück. ARCHITEKT DER FÜNFTEN REPUBLIK Seit 1954 tobte in der französischen Kolonie Algerien ein Unabhängigkeitskrieg, der in Frankreich 1958 zu einer Staatskrise führte. In dieser schwierigen Lage griff die Regierung auf de Gaulle zurück und bat „den hervorragendsten aller Franzosen”, das Amt des Ministerpräsidenten zu übernehmen. De Gaulle ließ sich nicht lange bitten. Er setzte eine neue Verfassung für Frankreich durch, die dem Präsidenten eine große Machtfülle einräumte, und ließ sich noch im Jahr 1958 zum Präsidenten der so genannten Fünften Republik wählen.
FRANKREICH SOLL GROSSMACHT BLEIBEN De Gaulles Politik zielte auf ein starkes und geeintes Frankreich. 1960 entließ er den Großteil der französischen Kolonien in die Unabhängigkeit. Nach dem Ende des Algerienkrieges 1962 entschied sich das französische Volk in einer Volksabstimmung auch für die Unabhängigkeit Algeriens. Mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer bahnte er die Aussöhnung zwischen Frankreich und dem alten Kriegsgegner und Erbfeind Deutschland an, die 1963 in den Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag (auch Elysée-Vertrag genannt) mündete und die eine ganz wichtige Voraussetzung für den Frieden und das Zusammenwachsen in Europa war. Außenpolitisch bestand de Gaulle auf die uneingeschränkte Selbstbestimmung Frankreichs. Das führte 1966 zum Austritt Frankreichs aus der NATO und zur Bildung einer eigenen Atomstreitmacht. Während nahezu alle anderen westlichen Länder die Sowjetunion und China mieden, nahm de Gaulle Beziehungen zu diesen beiden Staaten auf; außerdem bemühte er sich darum, Frankreich in Asien und Lateinamerika Einfluss zu verschaffen. 1968 durchlebte Frankreich erneut eine schwere Krise: Studenten und Arbeiter demonstrierten für mehr wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit; es kam zu Auseinandersetzungen und schließlich zu einem Generalstreik. De Gaulle gelang es, die Lage wieder zu beruhigen. Im April 1969 trat de Gaulle nach 10-jähriger Amtszeit als Staatspräsident Frankreichs zurück. Er starb am 7. November 1970 auf seinem Landsitz in der Champagne im Osten Frankreichs.
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