Che Guevara

 

Sicher hast du schon einmal ein Bild von Che Guevara gesehen. Denn sein berühmtes Porträt ist auch heute noch allgegenwärtig. Vielleicht hatten deine Eltern in ihrer Jugend ein Che-Guevara-Poster an der Wand, und vielleicht trägst du selbst sogar ein T-Shirt mit seinem Bild. Aber heute wissen viele Leute gar nicht mehr, wer dieser Che Guevara eigentlich war. Früher war sein Porträt eine Art Heiligenbild für all diejenigen, die sich aufregten über die Ausbeutung und Unterdrückung und die Gleichgültigkeit der Reichen und Satten gegenüber Armut und Hunger in weiten Teilen der Welt. Ihnen war Che Guevara ein Vorbild. Denn er verzichtete freiwillig auf ein eher ruhiges und sicheres Leben als Arzt und setzte sich bis zu seinem bitteren Ende uneigennützig für die Belange der Rechtlosen und Benachteiligten ein. Dass er dabei zur Waffe griff, dass er ein Anhänger des Kommunismus war und dass er auf Kuba einer neuen Diktatur zur Macht verhalf, brachte ihm aber auch viele Gegner ein.

Vom Revoluzzer zum Popstar
Ausgerechnet der erklärte Gegner des Kapitalismus Che Guevara wurde zum Objekt einer gnadenlosen Vermarktung. Noch in Ches Todesjahr bat der italienische Verleger Giacomo Feltrinelli den kubanischen Photographen Alberto „Korda” Gutierrez um sein bestes Photo von Che. Dieser überließ ihm kostenlos eine Aufnahme vom 5. März 1960, die Che bei einer Beerdigung in Havanna zeigt: ernster, nach oben gerichteter Blick, wehendes Haar, auf dem Kopf eine Mütze mit rotem Stern, dem Zeichen des kommunistischen Revolutionärs. Bereits im ersten Jahr konnte Feltrinelli in Europa über zwei Millionen Exemplare dieser Photographie als Poster verkaufen. Und noch heute findet dieses berühmte Bild auf Postern, T-Shirts, Armbanduhren, Zigarettenpackungen und allen erdenklichen Dingen reißenden Absatz.

KINDHEIT

Sein richtiger Name war Ernesto Guevara Serna. Er stammte aus Argentinien und wurde am 14. Juni 1928 als erstes von fünf Kindern in Rosario geboren. Sein Spitzname war „Tete” – „Che” wurde er erst viel später gerufen. Seine Eltern waren der Teepflanzer Ernesto Guevara Lynch und dessen Ehefrau Celia de la Serna. Obwohl die beiden adlige Vorfahren hatten, waren sie nicht reich. Ernesto litt seit seinem zweiten Lebensjahr an starkem Asthma. Da er das Klima nicht vertrug, zog die Familie mehrmals um und ließ sich schließlich in der Hauptstadt Buenos Aires nieder. Die Guevaras waren sehr freiheitsliebend und bevormundeten ihre Kinder wenig. Zeitweise unterstützten sie sogar die Widerstandsbewegung gegen den argentinischen Diktator Juan Perón, was Ernestos Mutter mehrere Verhaftungen einbrachte.

ERWACHEN

Ernesto, trotz seiner Krankheit ein glänzender Sportler und schon als Kind ein kleiner Rebell, studierte Medizin. In den Jahren 1952 bis 1955 unternahm Ernesto mehrere lange Reisen durch Südamerika, die ihn sehr prägten. Unterwegs arbeitete er in Hospitälern für Leprakranke und lernte vor allem in Bolivien und Guatemala das hoffnungslose Elend und die Rückständigkeit der Bauern, Indios und einfachen Arbeiter kennen. Er bemerkte die Hartherzigkeit, Bestechlichkeit und Unmoral der Oberschichten, die das Volk ausbeuteten. Und er erkannte, dass vielerorts vor allem das Gewinnstreben US-amerikanischer Firmen für die Missstände verantwortlich war. Allmählich reifte in ihm die Überzeugung, dass dieser Zustand nur durch eine Revolution geändert werden könne.

Wie Che wurde, was er war
„Ich habe gesehen, wie ein Kind nicht behandelt werden konnte, weil kein Geld da war. Ich habe gesehen, wie die Menschen durch ständigen Hunger und ewiges Leiden auf einen Zustand absinken, in dem für einen Vater der Tod seines Kindes ein unerheblicher Zwischenfall ist. Und da begriff ich, dass es wichtigere Dinge gibt, als ein berühmter Forscher zu werden, nämlich diesen Menschen zu helfen.” (Che Guevara)

ZUM KAMPF BEREIT

1954 erlebte Ernesto Guevara in Guatemala den Sturz des Präsidenten mit. Die USA hatten seinen Sturz unterstützt, weil sie ihn für einen Kommunisten hielten. Nun meinte Ernesto, den Hauptfeind im Kampf um die Befreiung der Völker ausgemacht zu haben: die USA. Ernesto floh nach Mexiko. Dort lernte er den Rechtsanwalt Fidel Castro kennen, der eine Revolution in seiner Heimat Kuba plante. Der Inselstaat in der Karibik wurde damals von den USA als eine Art Kolonie betrachtet und von einem Diktator namens Fulgencio Batista beherrscht. Ernesto schloss sich Castro an und ließ sich zum Guerillakämpfer ausbilden.

Ein kleiner Krieg tut's auch
Guerilla ist ein spanisches Wort und bedeutet „kleiner Krieg”. Ein Kämpfer in solch einem „kleinen Krieg” wird ebenfalls Guerilla genannt oder Guerillero. Die Guerilleros sind zumeist Revolutionäre oder Rebellen, die gegen Gewaltherrschaft und Unterdrückung kämpfen. Sie verfügen in der Regel nicht über so viele Kämpfer und Waffen wie die Regierungstruppen, gegen die sie kämpfen. Deshalb können sie keine offenen Schlachten gegen ihre Feinde wagen, sondern müssen sich in unzugänglichen Gebieten wie Gebirgen oder Wäldern verstecken. Von dort aus starten sie gezielte Überraschungsangriffe auf ihre Gegner. Weil sie sich in unzugängliche Gebiete zurückziehen und außerdem häufig ihren Standort wechseln, sind sie sehr schwer aufzuspüren. Ohne die Unterstützung der Bevölkerung ist ein Guerillakrieg meist aussichtslos.

REVOLUTIONÄR UND STAATSMANN

Guevara schloss sich dem nur 80 Mann schwachen Himmelfahrtskommando an, das unter der Führung Fidel Castros im Dezember 1956 in Kuba landete, um den Diktator Batista zu stürzen. Die Guerillatruppe erlitt zunächst schwere Verluste, doch die Revolutionäre unter der Führung von Fidel Castro und Che Guevara, wie er nun genannt wurde, bekamen immer mehr Verstärkung aus der Landbevölkerung. Dies verhalf ihnen nach zwei Jahren des Guerillakampfes am 31. Dezember 1958 zum Sieg über den Diktator Batista.

Fidel Castro übernahm die Macht in Kuba und betraute Che mit verschiedenen Regierungsposten. Zuerst war Che verantwortlich für die Agrarreform, dann Leiter der Nationalbank und ab 1961 war er Industrieminister. Im Gegensatz zum politisch unentschiedenen Fidel Castro wollte er Kuba zielstrebig zum Sozialismus führen und baute eine Kommunistische Partei auf. Seinen wohl wichtigsten politischen Auftritt hatte er am 11. Dezember 1964 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. Dort stellte er Kuba als leuchtendes Beispiel für den Widerstand gegen den US-Imperialismus dar. Er solidarisierte sich mit den Unabhängigkeitsbestrebungen in den Ländern der Dritten Welt und pries die Vorzüge des Sozialismus.

Wie Che zu seinem Namen kam
Die Argentinier bekräftigen ihre Sätze in der Umgangssprache besonders häufig mit 'che'. Das heißt so viel wie bei uns 'hey' oder 'gell'. Ernesto Guevara bildete da keine Ausnahme, weshalb ihm die kubanischen Aufständischen bald den Spitznamen 'El Che' verpassten. So kommt es, dass heute noch kubanische Geldscheine mit der Unterschrift 'Che' bedruckt sind und an die Zeiten erinnern, als Guevara Chef der Nationalbank war.

VERRAT UND TOD

Die Vorstellungen Ches und Fidel Castros über die Industrialisierung Kubas gingen bald auseinander. Che konnte sich gegenüber Castro nicht durchsetzen und legte 1965 sein Amt als Industrieminister nieder und widmete sich wieder dem revolutionären Kampf. Zunächst schaltete er sich in Afrika in den Bürgerkrieg im Kongo ein. Dann machte er sich Ende 1966 mit 43 Mitstreitern auf nach Bolivien, um einen Volksaufstand gegen die dort herrschende Militärdiktatur zu organisieren. Doch das Unternehmen stand unter keinem guten Stern. Denn anders als in Kuba wurden die Revolutionäre kaum von der Bevölkerung unterstützt, und am Ende wurden sie sogar verraten. Am 7. und 8. Oktober kam es in einer Schlucht bei Higuera zu einem letzten Gefecht mit bolivianischen Regierungstruppen. Che Guevara wurde verletzt und gefangen genommen. Seine Verhöre leiteten Agenten des US-Geheimdienstes. Am Mittag des 9. Oktobers 1967 wurde er von einem seiner Bewacher mit neun Schüssen ermordet. Seine Leiche galt lange Zeit als verschollen. Erst 1997 wurde sie gefunden, nach Kuba gebracht und in einer Gedenkstätte beigesetzt.

Der vollkommenste Mensch?
Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre sagte einmal: „Ich bin überzeugt, dass Che der vollkommenste Mensch unserer Zeit war.” Vor allem seine Selbstlosigkeit, seine Entschlossenheit und seine Bereitschaft, ohne Gegenleistung zu geben, machten ihn zum Idol. Er scheute sich nicht, selbst in die Niederungen hinabzusteigen. Er beanspruchte keinerlei Sonderrechte, nicht als Commandante im Guerillakrieg, nicht als Minister und schon gar nicht wegen seiner Krankheit. Doch man sollte sich nicht täuschen. Ein Engel war Che nicht. Wenn es darauf ankam, kannte er kein Erbarmen. Nach dem Sieg im Befreiungskampf starteten die Revolutionäre eine groß angelegte Säuberungsaktion in Kuba. Politische Gegner und ehemalige Beamte der Batista-Diktatur wurden gnadenlos zum Tod verurteilt. Nicht wenige Erschießungen soll Che persönlich vorgenommen haben.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

© cpw, 2007)