Eisenzeit
Etwa zu der Zeit, als Rom noch nicht viel mehr war als ein großes Kuhdorf, trat jenseits der Alpen und der Adria ein Volk in Erscheinung, das fast 700 Jahre später von Julius Caesar unterworfen werden sollte. Es waren die Kelten, die nicht zuletzt durch Asterix den Gallier bis heute Berühmtheit genießen. Eigentlich müsste in den Comics jedoch der Schmied Automatix die Hauptrolle spielen. Denn die bei weitem hervorstechendste Leistung der Kelten waren Schmiedearbeiten aus Eisen. Obwohl die Hethiter in Kleinasien (dem Westen der heutigen Türkei) schon tausend Jahre länger Eisen verwendeten, begann in Mitteleuropa die Eisenzeit erst um 700 v. Chr., und zwar zeitgleich mit dem Aufblühen der keltischen Kultur. Vor allem die Waffen der Kelten setzten völlig neue Maßstäbe. Keltische Schwerter, Lanzen, Wurfspeere und eisenbewehrte Streitwagen wurden zu begehrten Handelswaren. Die keltischen Namen all dieser Waffen gingen in abgewandelter Form sogar in die Sprache der Römer, das Lateinische, ein. Größte Wertschätzung genoss das keltische Schwert, dessen Klinge zur Erhöhung der Elastizität aus mehreren Eisenstäben unterschiedlicher Härte geschmiedet wurde. Eine geradezu geniale handwerkliche Meisterleistung. DAS SCHMIEDEMEISTERVOLK Fast ein Jahrtausend lang war Bronze der wichtigste Werkstoff für Waffen und Werkzeuge. Doch da es verhältnismäßig leicht brach, hielt man schon bald nach einem härteren Erz Ausschau und fand es im Eisen. Doch dieses war schwer zu verarbeiten. In vorgeschichtlicher Zeit konnte man keine ausreichend hohen Temperaturen erzeugen, um es zu schmelzen. So wurde das Erzgestein in Schmelzöfen so lange erhitzt, bis außer Asche nur mehr Eisenklumpen zurückblieben. Im Holzkohlefeuer zur Hochglut gebracht, konnten man diese mit einem schweren Hammer auf einem Amboss in jede beliebige Form schlagen – und das verstanden die keltischen Schmiede meisterhaft. Eisen wurde außer für Waffen, Rüstungen und Pferdegeschirr vor allem für schwere Werkzeuge und landwirtschaftliche Geräte wie Hämmer, Äxte, Sägen, Sicheln, Sensen und Pflugscharen verwendet. Die Bronze blieb als Werkstoff erhalten, doch sie diente von da an hauptsächlich zur Herstellung von Alltagsgeräten, Schmuck oder kunstvoll verzierten Beschlägen. AN DER SCHWELLE DER FRÜHGESCHICHTE „Eisenzeit” ist ein recht dehnbarer Begriff. Ihr Anfang fällt – je nachdem, wo man hinblickt – in die Frühgeschichte oder die Vorgeschichte. In die Frühgeschichte dort, wo man bereits die Schrift kannte, wie im Mittelmeerraum, im Vorderen Orient, in China und Indien. In die Vorgeschichte dagegen fällt die Eisenzeit dort, wo man nicht schreiben konnte, also z. B. in Mittel- und Nordeuropa. Da sich die Eisenverarbeitung sehr langsam verbreitete, erstreckt sich die gesamte Eisenzeit von etwa 700 v. Chr. bis 1050 n. Chr. Da sich im Verlauf der Eisenzeit die Schrift in ganz Europa verbreitete, stellt diese Epoche den Wendepunkt von der Vor- zur Frühgeschichte dar und mündet je nach Kulturkreis in die Antike oder das Mittelalter.
EISENZEIT IN MITTELEUROPA In Mitteleuropa dauerte die Eisenzeit von ungefähr 700 v. Chr. bis etwa zur Zeitenwende (Christi Geburt). Aus dieser Zeit gibt es für unsere Gegenden keine schriftlichen Zeugnisse. Deshalb sind die Forscher darauf angewiesen, sich anhand von archäologischen Funden ein Bild von der Lebensweise der eisenzeitlichen Völker in Mitteleuropa zu machen. Zur Unterscheidung der einzelnen Kulturen und Völker benutzen sie dann normalerweise die Namen von Fundorten, an denen Gegenstände mit typischen Merkmalen einer bestimmten Kultur entdeckt wurden. Deshalb teilt man die Eisenzeit bei uns in Mitteleuropa in die Hallstattkultur und die La-Tène-Kultur ein. Benannt sind diese Kulturen nach einem Gräberfeld in Hallstatt bei Salzburg in Österreich und einem Fundort in La Tène am Neuenburger See in der Schweiz.
EIN ALLERWELTSMETALL Die Entdeckung des Eisens brachte neben Fortschritten in der Technik auch gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Anders als Kupfer und Zinn, die man zur Herstellung von Bronze benötigt, kommt Eisenerz nahezu überall auf der Welt in ausreichenden Mengen vor. Damit war Metall nicht mehr ausschließlich einer reichen und mächtigen Oberschicht vorbehalten, die den Handel kontrollierte. Es konnte sich daneben eine wohlhabende bäuerliche Oberschicht herausbilden, die sich mit Eisen selbst versorgte. HALLSTATTKULTUR UND LA-TÈNE-ZEIT Große Rangunterschiede innerhalb der Gesellschaft waren nur noch in Gebieten festzustellen, wo man Kontakt mit den Griechen und Etruskern pflegte und ihre Sitten nachahmte. So fanden Archäologen etwa im Hinterland der griechischen Kolonie Marseille die prunkvollsten Gräber der Hallstattkultur. Mit der keltischen Wanderung breitete sich seit ungefähr 400 v. Chr. die La-Tène-Kultur in großen Teilen Europas aus. Bei den Menschen der La-Tène-Kultur handelte es sich offenbar um ein Volk von Kriegern. Denn die wichtigste Grabbeigaben waren Waffen, vor allem Schwerter. Und der typische hallstattzeitliche Prunkwagen mit vier Rädern wird in der La-Tène-Zeit durch zweirädrige Streitwagen abgelöst, von denen noch Caesar voller Bewunderung berichtete. Die Gallier, wie die im heutigen Frankreich lebenden Kelten hießen, waren ein gefürchtetes Volk von Reiterkriegern.
VORZEITIGES ENDE EINES TALENTIERTEN KULTURVOLKES Seit ungefähr 200 v. Chr. bildete sich bei den Kelten eine eindrucksvolle Stadtkultur heraus. Von Frankreich bis nach Böhmen (in der heutigen Tschechischen Republik) entstanden stattliche befestigte Städte, zwischen denen ein reger Handel im Gang war und die von den Römern Oppida genannt wurden. Die Kelten hätten das Zeug zu einer Hochkultur gehabt. Ihre Entwicklung wurde jedoch durch die römischen Eroberer unter der Führung von Caesar jäh gestoppt. Warum die Kelten östlich des Rheins von selbst abwanderten, ist noch ungeklärt.
Für Kinder und
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