George Washington

 

Er war der „Mann, der alle Herzen vereint”, wie es in einem Trinkspruch hieß. George Washington nimmt in der Reihe der amerikanischen Gründerväter eine Vorrangstellung ein. Er stand wie ein Fels in der Brandung der amerikanischen Revolution und gab ihr Ziel und Richtung. Bei allen wichtigen Ereignissen um die Staatsgründung der Vereinigten Staaten von Amerika fand man ihn in vorderster Linie: als Kommandant im Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht (1776-1783), als Vorsitzender des Verfassungskonvents von 1787 und als erster Präsident der jungen Republik (1789-1797). Trotz Kritik an seinem königlichen Regierungsstil wurde er bereits zu Lebzeiten als Nationalheld verehrt.

KÖNIGLICHER OFFIZIER

George Washington wurde am 22. Februar 1732 als eines von sechs Kindern eines Plantagenbesitzers im nordamerikanischen Virginia geboren, das damals eine britische Kolonie war. Als sein Vater starb, war er gerade elf Jahre alt. Von seiner Kindheit ist so gut wie nichts bekannt. Man weiß nur, dass er bereits in jungen Jahren in den Grenzkriegen gegen die Indianer kämpfte. Als Oberst einer Miliz (Bürgerwehr) von Virginia unterstützte er die Briten in den Kämpfen gegen die Franzosen, die in Nordamerika ebenfalls Kolonien hatten. Ab 1755 diente er als königlicher Offizier im Britisch-Französischen Kolonialkrieg (1754-1763), zu dem sich die Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft in Nordamerika zwischen Großbritannien und Frankreich ausgeweitet hatten.

GROSSGRUNDBESITZER UND SKLAVENHALTER

Mit 27 Jahren heiratete Washington eine wohlhabende Witwe, die zwei Kinder in die Ehe brachte. Eigene Kinder hatte er nie. Diese Heirat, sein Erbe und sein Glück beim Kauf und Verkauf von Ländereien machten ihn zu einem der reichsten Männer in Virginia. Er war Eigentümer von Mount Vernon, einer riesigen Plantage, die von 300 schwarzen Sklaven bewirtschaftet wurde. Obwohl er sich in späteren Jahren gegen die Sklaverei aussprach, änderte er an diesem Zustand zeit seines Lebens nichts. Washington betrachtete die Sklaverei als notwendiges Übel; er war aber auch der Überzeugung, dass sich Amerika von diesem Übel derzeit nicht befreien könne, ohne daran unterzugehen.

Sklaverei als notwendiges Übel
George Washington verfügte in seinem Testament, dass alle seine Sklaven spätestens nach dem Tod seiner Ehefrau freizulassen sind. Anders als die meisten seiner Zeitgenossen schien er die Schwarzen wenigstens nicht für rassisch minderwertig zu halten. Er konnte sich sogar vorstellen, dass sie einst in der amerikanischen Bürgerschaft aufgehen könnten. Dasselbe galt für die Indianer. In seinem 'Aufruf an die Nation der Cherokees' forderte er sie auf, ihren selbstmörderischen Widerstand gegen die Ausbreitung der Weißen aufzugeben. Er riet ihnen, sich in das Unvermeidliche zu fügen, ihr Jäger- und Sammlerdasein aufzugeben und sich der Landwirtschaft zuzuwenden.

ABGEORDNETER IM KONTINENTALKONGRESS

Als Großgrundbesitzer ächzte auch Washington unter den Steuern, die die Kolonisten an die britische Krone zu zahlen hatten. Aber anders als die britischen Untertanen im Mutterland konnten die Kolonisten in Amerika ihre politischen Interessen gegenüber dem König nicht im britischen Parlament vertreten. Die Amerikaner ärgerten sich mehr und mehr über diese ungerechte Behandlung und revoltierten gegen die britische Herrschaft. 1774 bildeten sie ihr eigenes Parlament, den so genannten Kontinentalkongress, dem auch George Washington angehörte. Der Kontinentalkongress beschloss schließlich die Lösung vom Mutterland Großbritannien und verabschiedete am 14. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung.

BEFEHLSHABER IM UNABHÄNGIGKEITSKRIEG

Inzwischen war es 1775 zwischen den Milizen der Kolonisten und den britischen Truppen in Nordamerika zu ersten Kämpfen gekommen, die bald in den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) – oder die Amerikanische Revolution, wie der Krieg auch genannt wird – mündeten. Schon nach den ersten Gefechten ernannte der Kontinentalkongress den erfahrenen und kampferprobten George Washington zum Oberbefehlshaber der so genannten Kontinentalarmee, also der Armee der amerikanischen Kolonisten. Die Kontinentalarmee war den britischen Truppen heillos unterlegen: Sie hatte viel weniger Soldaten, und die waren außerdem noch kaum ausgebildet, unerfahren im Kampf und schlecht bewaffnet. Die Amerikaner hätten den Krieg wohl verloren, hätte Frankreich sie nicht gegen den Erzfeind Großbritannien unterstützt. 1781 musste sich die britische Armee schließlich den amerikanisch-französischen Truppen geschlagen geben – und das war vor allem Washingtons Verdienst. Zwei Jahre später, 1783, schlossen Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika offiziell Frieden; damit war der Krieg „richtig” beendet, und die 13 ehemaligen britischen Kolonien waren endgültig als unabhängige Staaten anerkannt.

Deutsche auf beiden Seiten
Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg setzte der britische König Georg III. auch 30 000 deutsche Söldner ein. Aber auch auf der Seite der Amerikaner kämpften Deutsche. Einer von ihnen trug sehr viel zum Sieg der Amerikaner bei: der preußische Offizier Friedrich Wilhelm von Steuben. Er kam 1777 nach Amerika und machte aus der schlecht ausgebildeten Freiwilligenarmee George Washingtons eine schlagkräftige Truppe nach preußischem Vorbild. Nach dem Krieg wurde Steuben Bürger der Vereinigten Staaten. Heute wird ihm zu Ehren jedes Jahr in New York die Steubenparade abgehalten.

PRÄSIDENT DER USA

Nach dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg waren die 13 amerikanischen Staaten zuerst nur ein lockerer Bund ohne eine starke, einheitliche Regierung. Und dies erwies sich schon bald als ungünstig. Daher trafen sich 1787 die Vertreter der 13 Staaten, um eine Verfassung für einen Bundesstaat auszuarbeiten. George Washington, der Vertreter des Staates Virginia, wurde zum Vorsitzenden dieser Versammlung gewählt. Nachdem die Verfassung – die im Übrigen noch heute gilt – verabschiedet worden war, wurde Washington 1789 mit überwältigender Mehrheit zum ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika – der United States of America (USA) – gewählt.

Die Verfassung gab nur einen Rahmen vor; wie der Präsident sein Amt ausgestaltete, das blieb zum großen Teil ihm selbst überlassen. Und so führte Washington als Präsident einige Dinge ein, von denen sich manche bis heute gehalten haben, z. B. ein Kabinett, also eine Regierung aus mehreren Fachministern, oder die Begrenzung des Präsidentenamtes auf zwei Amtszeiten. Denn Washington zog sich nach einer zweiten Amtszeit 1797 freiwillig aus der Politik zurück und schuf damit ein Vorbild, das erst 1940 von Franklin D. Roosevelt durchbrochen wurde. Seit 1951 verbietet ein Zusatz zur amerikanischen Verfassung dem Präsidenten eine dritte Amtszeit.

Seinen Lebensabend verbrachte Washington auf seinem Landgut Mount Vernon. Am 14. Dezember 1799 starb er dort an einer Lungenentzündung. In seinen letzten Lebensjahren hatte er noch persönlich den Aufbau einer neuen Stadt überwachen können: den Aufbau der Hauptstadt der USA, die ihm zu Ehren den Namen Washington trägt.

König Washington
George Washington verfügte in seinen jüngeren Jahren über eine ausgezeichnete körperliche Verfassung. Doch bereits kurz nachdem er 1789 das Präsidentenamt übernommen hatte, machte sich plötzlich ein körperlicher und geistiger Verfall bemerkbar. Washington litt unter zunehmender Arbeitsunlust und Ruhebedürftigkeit. Er ließ lieber andere für sich handeln und sogar denken. Aber das war es nicht, was ihn nach zwei Amtszeiten 1797 zum freiwilligen Rückzug bewog. Es war vielmehr die Kränkung über die Kritik an seinem Amtsstil. Der Hauptvorwurf galt seinem königlichen Gebaren. Und tatsächlich schien Washington einen Hang zur Prunksucht zu haben. So ließ er sich beispielsweise mit einem reich verzierten Sechsspänner durch die Straßen Philadelphias fahren oder ritt auf einem weißen Hengst mit einem goldbesetzten Sattel durch die Stadt.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

© cpw, 2007)