Karl Marx

 

Im späten 18. Jahrhundert begann in England die industrielle Revolution. So nennt man die Zeit, als das Handwerk von Fabriken verdrängt wurde, als sich die Agrargesellschaft in eine Industriegesellschaft wandelte. Die industrielle Revolution griff bald auf das europäische Festland über und verwandelte auch dort Gesellschaft und Lebensverhältnisse total: Die wenigen Fabrikbesitzer wurden immer reicher – die große Masse der Arbeiter wurde immer ärmer und verelendete immer mehr. Überall erschienen nun Schriften und Zeitungsartikel, die sich darüber empörten, wie schamlos sich die Fabrikbesitzer auf Kosten der Arbeiter bereicherten. Es gab einige Denker, die daran zweifelten, dass ein Ende dieser Ausbeutung ohne grundlegende Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse möglich ist. Der bedeutendste von ihnen war Karl Marx. Seine revolutionären Ideen veränderten die Welt.

LEBEN

Karl Heinrich Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Seine Eltern entstammten jüdischen Familien und waren zum christlichen Glauben übergetreten. Karl besuchte das Gymnasium mit hervorragendem Ergebnis und ging dann an die Universität. Dort studierte er erst Rechtswissenschaften, entschied sich dann aber für die Fächer Philosophie und Geschichte. Weil er sich außerdem sehr für Politik und Wirtschaft interessierte, arbeitete er als Journalist für die Rheinische Zeitung. Weil er aber in seinen Artikeln die gesellschaftlichen Verhältnisse scharf kritisierte, bekam er bald Schwierigkeiten mit der Obrigkeit. Viele seiner Artikel wurden verboten. Um wieder frei arbeiten zu können, ging er 1843 nach Paris. Dort lernte er einige berühmte Schriftsteller und Denker kennen, die ähnliche Meinungen vertraten wie er.

1844 befreundete sich Karl Marx mit dem Fabrikantensohn Friedrich Engels, der öffentlich immer wieder mutig die Not der Arbeiter angeprangert hatte. 1845 wurde Karl Marx aus Frankreich ausgewiesen. Er zog nach Brüssel, doch Belgien wollte diesen Aufrührer ebenfalls loswerden. Während der Revolution von 1848/49 kehrte Karl Marx für kurze Zeit nach Deutschland zurück und leitete bis zu ihrem Verbot die Neue Rheinische Zeitung. 1849 zog Karl Marx nach England. Hier lebte er als Staatenloser bis zu seinem Tod am 17. März 1883.

Der Freund Engels
Friedrich Engels und Karl Marx waren ideale Partner. Nie ließ Engels einen Zweifel aufkommen, wer von ihnen der Chef war - nämlich Marx. Er umsorgte seinen Freund wie eine Ersatzmutter. Der Fabrikantensohn fand es völlig normal, dem mittellosen Marx ständig mit Geld unter die Arme zu greifen. Und er beklagte sich nicht, wenn dieser sich nicht einmal bedankte.

SOZIALISMUS

In der Zeit der industriellen Revolution machten sich viele Menschen Gedanken darüber, wie die bestehenden Missstände behoben werden könnten. Die radikalsten unter ihnen riefen dazu auf, den eigennützigen Fabrikbesitzern die Produktionsmittel (die Maschinen und Rohstoffe) einfach wegzunehmen. Sie sollten in den Besitz des Staates übergehen, damit sie der gesamten Gesellschaft zugute kämen. Da dieser Vorgang auf eine „Sozialisierung” (von lateinisch socialis: kameradschaftlich, gesellig), also eine Vergesellschaftung von Privateigentum, hinauslaufen würde, werden solche Ideen als sozialistisch und ihre Anhänger als Sozialisten bezeichnet.

KOMMUNISMUS

Die höchste Entwicklungsstufe des Sozialismus ist der Kommunismus (von lateinisch communis: gemeinschaftlich): eine Gemeinschaft gleichgestellter Menschen, die sich vom Gemeineigentum nehmen können, was sie zum Leben brauchen.

KLASSENKAMPF

Zusammen mit Friedrich Engels hat Karl Marx als Erster den Versuch unternommen, die geschichtliche Notwendigkeit des Kommunismus wissenschaftlich zu beweisen. Zu diesem Zweck untersuchten sie die Entwicklung der Beziehung zwischen Mensch und Wirtschaft in der Geschichte.

Die Menschheitsgeschichte begann mit einer paradiesischen Urgesellschaft, in der alle gleich waren. Doch dann kam das Eigentum auf, und der Klassenkampf zwischen Besitzenden und Besitzlosen wurde zum Motor der weiteren Entwicklung. In der Antike kämpften die Sklaven gegen die Sklavenhalter, im Mittelalter die Leibeigenen gegen die Adligen. Und nun im Industriezeitalter kämpft eben die Klasse der Proletarier (Lohnarbeiter) gegen die Klasse der Kapitalisten (Eigentümer von Geld, Fabriken und Produktionsmitteln). Damit sich der Kreislauf auf einer höheren Stufe schließen kann, laufe die Entwicklung automatisch auf die paradiesische klassenlose Gesellschaft des Kommunismus zu, meinten Marx und Engels.

KAPITALISMUS

Karl Marx sah den Klassenkampf also als eine Folgeerscheinung ungerechter Besitzverhältnisse und Ausbeutung. Der Staat war für ihn nur ein Machtwerkzeug der jeweils herrschenden Klasse zum Zweck der Ausbeutung und Unterdrückung der anderen. In einer Industriegesellschaft besitzen die Kapitalisten alle Produktionsmittel und beherrschen damit den Markt. Die Proletarier dagegen besitzen nichts weiter als ihre eigene Arbeitskraft. Um überleben zu können, müssen sie diese auf dem Arbeitsmarkt anbieten. Die Kapitalisten kaufen die Arbeitskraft zum geringstmöglichen Preis. Aus der Arbeit, die die Proletarier mit ihrer billigen Arbeitskraft in den Fabriken verrichten, entstehen Waren. Und die sind viel mehr wert als der Lohn, den sie dafür erhalten. Dieser „Mehrwert” macht die Kapitalisten reicher und reicher. Sie bauen davon neue Fabriken, in denen sie weitere Arbeiter ausbeuten können, und so weiter und so fort.

DIKTATUR DES PROLETARIATS

Nun stehen die Kapitalisten aber untereinander in einem mörderischen Wettbewerb. Da sich nur diejenigen durchsetzen, die am meisten Kapital haben, beuten sie die Proletarier immer brutaler aus. Eines Tages werden die Zustände so unerträglich, dass es zur Revolution kommt. Die verelendeten Massen werden sich dann gegen die Kapitalisten erheben und eine Diktatur des Proletariats errichten. Die Produktionsmittel werden enteignet und vergesellschaftet, die Klassengegensätze beseitigt. Das ist in Kurzform die Lehre des Karl Marx, der „Marxismus”.

Kinderarbeit
In einem englischen Parlamentsbericht wird die Aussage eines Mädchens wiedergegeben: „Habe hier 2 Jahre gearbeitet, bin jetzt 14, arbeite 16 1/2 Stunden am Tag. Kürzlich war ich krank und bat, um 8 Uhr aufhören zu dürfen, und man sagte mir, wenn ich ginge, brauche ich nicht mehr zurückkommen.”

REVOLUTION

Doch Marx und Engels ließen es nicht bei ihren wissenschaftlichen Untersuchungen bewenden. Sie wollten auch Taten sehen. Sie waren in kommunistischen Gruppen aktiv, gründeten Arbeitervereinigungen und unterstützten revolutionäre Bewegungen. Und in ihrem Kommunistischen Manifest riefen sie offen zum Umsturz auf. Darin steht geschrieben: „Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern! Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!” Das Kommunistische Manifest erschien übrigens 1848, und es gehört zu den meistgelesenen Büchern der Welt. In dem Manifest legten Marx und Engels in kurzer und allgemein verständlicher Form ihre Ideen nieder. Ausführlich beschrieben und wissenschaftlich untermauert hat Marx seine Lehre in seinem dicken, dreibändigen Hauptwerk Das Kapital.

WIRKUNG DES MARXISMUS

Karl Marx und Friedrich Engels wurden zu Helden der Arbeiterbewegung. In den meisten kapitalistischen Ländern gelang es der Arbeiterbewegung auch ohne Umsturz, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu verbessern. Marx und Engels wurden aber auch zu Idolen von Revolutionären, die den Umsturz wagten. Überall dort, wo in den folgenden 150 Jahren der Sozialismus herrschte, wurden für Marx und Engels Denkmäler gebaut. Gemessen an der Zahl seiner Anhänger und den Auswirkungen seines Werkes für den weiteren Verlauf der Geschichte ist Karl Marx wohl der bedeutendste und einflussreichste Staatsphilosoph. Aber: Vieles, was im Namen von Marx und Engels, von Marxismus und Kommunismus geschah, hatte mit den eigentlichen Lehren von Marx und Engels nicht mehr viel zu tun. Der Sozialismus und Kommunismus, der z. B. in der DDR und der Sowjetunion herrschte, war meilenweit vom ursprünglichen Marxismus entfernt.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

© cpw, 2007)