König

 

Im Märchen wohnt der König in einem prunkvollen Schloss, das von Marmor, Gold und Edelsteinen nur so strotzt. Vor dem Tor halten prächtige uniformierte Soldaten Wache, blasen Fanfaren und schlagen Pauken. Der König sitzt auf einem kostbaren Thron, trägt eine mit Edelsteinen besetzte Krone auf dem Haupt und hält ein Zepter aus purem Gold in der Hand. An Rang wird er nur noch vom Kaiser übertroffen. Dessen Palast ist noch glanzvoller, und unter seiner Dienerschaft befinden sich sogar Barone, Grafen und Herzöge, die ihm beflissentlich aufwarten und ihm die Pforten öffnen.

Die altbekannten Geschichten von den guten Königen und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen sind aber eher ein Trugbild und kommen der Wahrheit selten nahe. Tatsächlich führten nicht wenige der gekrönten Häupter dieser Welt und ihrer adligen Standesgenossen auf Kosten ihrer rechtlosen Untertanen ein Leben in Saus und Braus. Nicht umsonst haben sich die Völker ihrer Herrschaft inzwischen – zumeist mit Gewalt – entledigt. Zwar gibt es immer noch vereinzelt Könige und Königinnen. Sie leben auch noch recht prunkvoll, doch ihre Macht haben sie längst verloren, und ihre Aufgaben beschränken sich darauf, ihr Land würdig nach außen zu vertreten. Für Politik und Gesetze sind heute gewählte Parlamente und Regierungen zuständig. Staaten mit einem König als Staatsoberhaupt und einem gewählten Parlament nennt man parlamentarische Monarchien, um sie von den Republiken zu unterscheiden, in denen das Königtum völlig abgeschafft ist.

Wo es heute noch Könige gibt
Weltweit gibt es noch ein ganze Menge Königreiche. Sogar einige Länder Europas sind heute noch Monarchien (Belgien, Dänemark, Großbritannien, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, die Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien). Allerdings haben die Könige dort die Macht an die gewählten Parlamente und Regierungen abtreten müssen.

HERRSCHER IN ALLEN KULTUREN

Könige, die die höchste herrschaftliche Gewalt über ein Volk ausüben, hat es zu allen Zeiten und in fast allen Kulturen gegeben. In der europäischen Geschichte findet man sie von den antiken griechischen Stadtstaaten bis in die Neuzeit. Die Könige standen dabei in der Regel an der Spitze einer Schicht bevorrechtigter Adliger. In der Zeit der christlichen Großreiche führten sie ihre Herrschaft auf „Gottes Gnaden” zurück und wurden dabei von der Kirche unterstützt. Einen letzten Höhepunkt unumschränkter Machtentfaltung erlebte das Königtum im Zeitalter des Absolutismus im 17./18. Jahrhundert.

Der Pharao – das „große Haus”
Den alten Ägyptern galt ihr König als Sohn der Sonne, der unter ihnen lebte. Er war Gesetzgeber, höchster Richter, oberster Priester und Oberbefehlshaber der Streitmacht. Wer ihm begegnete, warf sich mit dem Gesicht zu Boden, denn er wagte es nicht, ihn anzublicken. Nicht einmal seinen Namen getraute man sich auszusprechen. So war von ihm nur als Pharao die Rede. Dies heißt wörtlich übersetzt „großes Haus” und war eigentlich die Bezeichnung für seinen Palast.

GOTTES WILLE

Zu Beginn des Mittelalters hatten die Germanen die Herrschaft im weströmischen Reich übernommen. Wer sich durch besondere Tapferkeit und Klugheit auszeichnete, wurde bei den germanischen Stämmen in den Kreis der Vordersten aufgenommen, der Furisto, wovon sich das Wort „Fürst” ableitet. Anders als z. B. bei den alten Ägyptern und bei den alten Römern, deren Herrscher als Götter verehrt oder zumindest als von den Göttern eingesetzt galten, wurden Herzöge und Könige bei den Germanen gewählt. Erst Pippin der Jüngere, der Anführer der Franken, ließ sich 751 seine Herrschaft vom Papst, dem „Stellvertreter Gottes auf Erden”, absegnen. Mit dieser schlauen Verbindung von Politik und Religion begründete er einen Brauch, der ein Jahrtausend lang Bestand haben sollte. Alle christlichen Könige führten seitdem ihren Herrschaftsanspruch auf den Willen Gottes zurück.

HERRSCHAFT „MIT EIGENER HAND”

Pippins Sohn Karl I., der 768 von den fränkischen Fürsten zum neuen König gewählt wurde und später den Beinamen „der Große” erhalten sollte, schuf ein Reich, das sich vom Atlantik bis zur Elbe und von der Nordsee bis nach Rom erstreckte. Mit seinem fürsorglichen Herrschaftsstil setzte er Maßstäbe. Als König war er oberster Richter, Heerführer und Kirchenherr zugleich. Er zog ständig von Ort zu Ort, kümmerte sich um alles selbst, nahm Bitten oder Beschwerden der Bevölkerung zur Kenntnis, erteilte Befehle, gab Ratschläge, bewilligte Gelder, ließ Straßen und Brücken bauen. Über die Zustände in den entfernteren Teilen des Reiches ließ er sich von Sendgrafen (Königsboten) berichten. Sein größtes Augenmerk richtete sich dabei auf die unsicheren Grenzgebiete des Reiches, die so genannten Marken. Die Markgrafen konnten als Einzige außer dem König zur Verteidigung über das Heer verfügen.

WIEDERGEBURT DES RÖMISCHEN KAISERTUMS

Es wird berichtet, dass Karl der Große an Weihnachten des Jahres 800 den Gottesdienst in der Peterskirche in Rom besuchte. Als er vor dem Altar kniete, soll ihm Papst Leo III. angeblich völlig überraschend eine Krone auf das Haupt gesetzt haben. Als seine Getreuen ihm daraufhin als dem neuen Friedensbringer Augustus huldigten, soll ihn der Papst feierlich zum Kaiser erhoben haben. Augustus war der erste römische Kaiser (er regierte von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) und ist als Stifter eines jahrzehntelangen Friedens in die Geschichte eingegangen. Die Krönung Karls zum ersten Kaiser des christlichen Abendlandes bedeutete somit eine Art Wiedergeburt des römischen Kaisertums.

KÖNIG DER KÖNIGE

Nach Karls Tod wurde das Frankenreich unter seinen Erben aufgeteilt. Im Ostteil des Reiches, aus dem später Deutschland hervorgehen sollte, übernahmen 919 die Sachsen die Herrschaft. Otto I. unterstützte den Papst gegen dessen Gegner und erhielt 962 im Gegenzug ebenfalls die Kaiserkrone und damit eine Vorrangstellung unter den christlichen Königen. So wurde begründet, was man später das „Heilige Römische Reich” nannte. Kaiser und Papst waren sich lange Zeit treu verbunden.

Deutschland – ein Wahlkönigtum
Im Gegensatz zu Staaten wie England oder Frankreich, wo die Königswürde erblich war, blieb das römisch-deutsche Reich eine Wahlmonarchie. Die Zahl und Zusammensetzung der Wahlberechtigten änderte sich ständig. Im 13. Jahrhundert aber gewannen sieben Fürsten das Vorrecht, den König zu wählen. Man nannte sie Kurfürsten (von küren: wählen). Die Kurfürsten neigten dazu, schwache Könige zu wählen, die ihre eigene Macht nicht schmälerten. Aber wenn auch das römisch-deutsche Reich ein Wahlkönigtum war, so waren doch die meisten der Königswahlen familiengebunden, d. h., in den meisten Fällen wurde der Sohn des verstorbenen Königs zum neuen Herrscher gewählt.

ABSOLUTISMUS

In Frankreich übernahm 1661 der erst 23-jährige König Ludwig XIV. die Herrschaft. Er holte sich Männer in seine Regierung, die ihm bedingungslos untergeben waren. Den hohen Adligen des Landes entzog er die Macht und ersetzte sie durch Beamte, die unerbittlich für Ordnung sorgten und für ihn die Steuern eintrieben. Nach dem Motto „Der Staat bin ich” behielt es sich der König vor, ganz allein über Recht und Gesetz, Krieg und Frieden und natürlich auch darüber zu bestimmen, wofür Geld ausgegeben wurde. Diese uneingeschränkte Machtausübung nennt man Absolutismus.

Herrscher in vielen Teilen Europas nahmen sich den Herrschaftsstil und die Prunksucht von Ludwig XIV., der sich als „Sonnenkönig” verherrlichen ließ, zum Vorbild. Ausbeutung und Willkürherrschaft in den absolutistischen Monarchien steigerte die Unzufriedenheit unter den rechtlosen Untertanen beträchtlich. Sie läuteten schließlich ein Zeitalter von Revolutionen ein, in denen sich die Völker vom Joch ihrer tyrannischen Könige befreiten. Den Anfang machte 1789 die Französische Revolution, die die Könige in ganz Europa in Angst und Schrecken versetzte.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)