Konrad Adenauer

 

Konrad Adenauer gilt als Architekt der Bundesrepublik Deutschland. Als erster deutscher Bundeskanzler nahm er die entscheidenden Weichenstellungen für die künftige politische und wirtschaftliche Ausrichtung der neuen Republik vor. Gegen große Widerstände verfolgte er unbeirrbar einen Kurs in Richtung der großen westlichen Demokratien. Durch seine unbedingte Treue zu den USA sicherte er sich deren Wohlwollen. Die USA sorgten ihrerseits dafür, dass das vom 2. Weltkrieg geschwächte Westdeutschland wirtschaftlich rasch wieder auf die Beine kam. Die Bundesrepublik sollte politisch wie militärisch zu einem „Vorposten der freien Welt” im Kalten Krieg ausgebaut werden. Durch die Aussöhnung mit Frankreich legte Adenauer den Grundstein für die europäische Einigung.

HERKUNFT

Konrad Adenauer wurde am 5. Januar 1876 als drittes von vier Kindern des Beamten Konrad Adenauer und dessen Ehefrau Helene in Köln geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, besuchte das humanistische Gymnasium und studierte Rechtswissenschaften. Nach einem mäßigen Abschluss arbeitete er ab 1902 in einer Kölner Anwaltskanzlei. 1904 heiratete er Emma Weyer. Emma stammte aus einem reichen und vor allen Dingen einflussreichen Elternhaus, was ihm zu einer Blitzkarriere in der katholischen Zentrumspartei verhalf.

Rückschläge
Adenauers beruflicher Erfolg war überschattet von persönlichen Schicksalsschlägen: 1916 starb seine Frau, die ihm drei Kinder geschenkt hatte. Er selbst zog sich bei einem Autounfall schwere Gesichtsverletzungen zu, die er monatelang im Krankenhaus auskurieren musste.

DER ARCHITEKT DES MODERNEN KÖLN

1909 stieg Adenauer zum Stellvertreter des Kölner Oberbürgermeisters Max Wallraf auf, einem Onkel seiner Frau. 1917 trat er dessen Nachfolge an. Als jüngster Bürgermeister Preußens machte er sich durch den Ausbau Kölns zu einer modernen Großstadt einen Namen. Außerdem war er ab 1921 Präsident des Preußischen Staatsrates, der ersten Kammer des preußischen Landtags. In dieser Zeit war er auch mehrmals als Kandidat für das Amt des Reichskanzlers im Gespräch. Als überzeugter Anhänger der Weimarer Republik wurde Adenauer nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 seines Amtes enthoben und in den vorzeitigen Ruhestand geschickt.

Adenauer und der Widerstand
Adenauer hatte Kontakt zu den Widerstandskämpfern um Claus Schenck Graf von Stauffenberg. Als dessen Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 gescheitert war, wurde Adenauer wie Hunderte andere mutmaßliche Staatsfeinde auch verhaftet. Mehrere Monate lang saß er zunächst in einem Lager, dann - nach einem Fluchtversuch - in einem Zuchthaus in Haft.

POLITISCHE WIEDERBELEBUNG

Nach dem 2. Weltkrieg (1939-1945) suchte die amerikanische Besatzungsmacht für Verwaltungsaufgaben nach politisch unbelasteten Politikern, fand Adenauer und holte den inzwischen 69-Jährigen vorübergehend in das Amt des Kölner Oberbürgermeisters zurück. Nachdem Köln unter britische Verwaltung gestellt worden war, wurde Adenauer wegen seiner Kritik an der Besatzungspolitik nach nur wenigen Monaten als Oberbürgermeister wieder abgesetzt.

Nach der Aufhebung des Parteienverbots widmete Adenauer seine ganze Energie dem Aufbau der neu gegründeten Christlich Demokratischen Union (CDU). Er wurde zum CDU-Parteivorsitzenden der britischen Besatzungszone gewählt und zog als Fraktionsvorsitzender in den Landtag von Nordrhein-Westfalen ein.

DEUTSCHER INTERESSENVERTRETER

Entscheidend für Adenauers bundespolitische Karriere war seine Wahl zum Präsidenten des so genannten Parlamentarischen Rates. Der Parlamentarische Rat arbeitete 1948/49 im Auftrag der drei Westalliierten (USA, Großbritannien, Frankreich) das Grundgesetz, also die Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland, aus. Als Präsident dieses Rates machte Adenauer als beherzter Vertreter der deutschen Interessen gegenüber den Besatzungsmächten deutschlandweit auf sich aufmerksam.

DER ERSTE BUNDESKANZLER

Aus den ersten Bundestagswahlen nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ging die CDU zusammen mit ihrer Schwesterpartei CSU knapp vor der SPD als stärkste politische Kraft hervor. Konrad Adenauer war ihr Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers. Da es für eine eigene Mehrheit nicht reichte, stellte der inzwischen 73-jährige Adenauer eine Koalition mit der FDP und der Deutschen Partei (DP) auf. Am 15. September 1949 wurde Adenauer mit den Stimmen der Koalition zum Bundeskanzler gewählt.

Die Erfolge seiner Regierungspolitik bescherten Adenauer drei Wiederwahlen (1953, 1957 und 1961). 1957 errangen CDU und CSU unter seiner Führung bei den Bundestagswahlen sogar die absolute Mehrheit (50,2 Prozent). Weil Adenauer die westdeutsche Politik in den Anfangsjahren unangefochten beherrschte, sprach man bald von einer „Kanzlerdemokratie”.

Bleibende Errungenschaften der Ära Adenauer
In der Außenpolitik erlangte die Bundesrepublik unter Adenauer die staatliche Selbstbestimmung, entschied sich für die Westbindung, söhnte sich mit dem „Erbfeind” Frankreich aus und legte den Grundstein für die europäische Einigung. In der Innenpolitik gelang Adenauer die Eingliederung von hunderttausenden Vertriebenen und Flüchtlingen, er setzte die Soziale Marktwirtschaft durch, und er schuf die Grundlagen des deutschen Sozialstaates.

DER „ALTE” WIRD ZUR LAST

Zweifel am „Alten”, wie er im Volksmund genannt wurde, kamen erst auf, als seine kompromisslose Haltung gegenüber der Sowjetunion und den östlichen Nachbarstaaten zur Belastung wurde. So hatte sich Adenauer beispielsweise stets geweigert, Ostdeutschland als Staat zu betrachten. Er sprach bis zuletzt nur von der „Sowjetzone”, von „drüben” oder von der „so genannten DDR”. Diese Einstellung machte eine Entspannung im Verhältnis zum Osten unmöglich.

Im Alter von 87 Jahren trat Adenauer 1963 nach 14 Jahren im Amt als Bundeskanzler zurück. Den Vorsitz der CDU, den er seit 1950 innehatte, führte er noch drei weitere Jahre. Konrad Adenauer starb am 19. April 1967 mit 91 Jahren in Rhöndorf bei Bonn.

Verfestigung der deutschen Teilung
Adenauers unbedingte Treue zu den USA ging so weit, dass er ein sowjetisches Angebot zur Wiedervereinigung Deutschlands in Bausch und Bogen verwarf: Im Frühjahr 1952 bot der sowjetische Staatschef Stalin völlig überraschend die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu einem „demokratischen und friedlichen” Gesamtdeutschland an. Viele sahen darin eine einmalige Chance. Doch Adenauer wies - ebenso wie die Westalliierten USA, Großbritannien und Frankreich - Stalins Angebot zurück. Der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher warf Adenauer vor, mit seinem bedingungslosen Westkurs nicht Kanzler der Deutschen, sondern der Westalliierten zu sein.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)