Napoleon Bonaparte
Kaum eine Gestalt in der Geschichte Europas hat die Geister derart geschieden wie Napoleon. Und er war in der Tat eine zwiespältige Persönlichkeit. Einerseits schwang er sich – übrigens mit Zustimmung des Volkes – zum Alleinherrscher und „Kaiser der Franzosen” auf und führte blutige Eroberungskriege; andererseits kämpfte er durchaus für die Ideen der Französischen Revolution. Kein Wunder, dass er auf seinen Eroberungszügen vom Volk als Befreier begrüßt wurde – am Anfang jedenfalls …
KINDHEIT Napoleone Buonaparte, so sein richtiger Name, kam am 15. August 1769 in Ajaccio auf der Insel Korsika zur Welt. Er entstammte einem adligen Elternhaus und war das vierte von zwölf Kindern. Im Alter von neun Jahren schickte ihn sein Vater nach Frankreich auf die Militärschule. Napoleone war ein düsterer und empfindsamer Knabe. Spiele verachtete er, und seine Kameraden hänselten ihn wegen seines korsischen Akzents und seiner Kleinwüchsigkeit. Selbst im Erwachsenenalter brachte er es nur auf knapp eineinhalb Meter. Er war ein mittelmäßiger Schüler, aber ein begabter Mathematiker. Er las viel, träumte von literarischem Ruhm und interessierte sich für Geschichte. Besonders Julius Caesar beeindruckte ihn. MILITÄRISCHE ERFOLGE Seine militärische Laufbahn begann Napoleone im Oktober 1785 als Kanonier bei der königlichen Artillerie. Nach 1789 machte er in den Kriegen gegen die Feinde der Französischen Revolution rasch Karriere. Ein gewitzter Plan zur Rückeroberung des südfranzösischen Marinestützpunktes Toulon aus der Hand der Royalisten (Königstreuen) hatte ihm schon mit 24 Jahren eine Beförderung zum Brigadegeneral eingebracht. Durch weitere Siege stieg er 1795 zum Befehlshaber der „Armee des Innern” auf. Im Jahr darauf übernahm er das Kommando der französischen Armee in Italien. Obwohl seine Soldaten in der Minderzahl waren, schlug er dort in vier Schlachten die österreichischen Heere und zwang Österreich einen Friedensvertrag auf, der Frankreich große Gebiete in Italien und eine hohe Kriegsbeute einbrachte.
STAATSSTREICH UND KAISERTUM Diese Tat machte Napoleon Bonaparte – inzwischen hatte er seinen Namen „französisiert” – zum Nationalhelden. Als im Volk die Unzufriedenheit mit den chaotischen Regierungen der Französischen Revolution wuchs, nutzte er 1799 seine Beliebtheit und stürzte in einem Staatsstreich die Regierung. Anschließend machte er sich im Range eines Ersten Konsuls zum Regierungschef und ließ sich dieses Amt 1802 auf Lebenszeit übertragen. Am 2. Dezember 1804 krönte er sich selbst in der Kathedrale Notre-Dame in Paris zum erblichen Kaiser der Franzosen und ließ sich anschließend vom Papst weihen. Amt und Titel wurden ihm durch eine Volksbefragung bestätigt.
NAPOLEONISCHE KRIEGE Es folgte eine Reihe militärischer Auseinandersetzungen mit anderen europäischen Mächten, die als Napoleonische Kriege in die Geschichte eingegangen sind. Mit seinem Sieg über die vereinten Armeen Preußens und Russlands in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt im Oktober 1806 hatte Napoleon die uneingeschränkte Vorherrschaft in Mitteleuropa gewonnen. Die Wende in Napoleons politischem und militärischem Schicksal leitete 1812 der Feldzug nach Russland ein. Napoleon stieß mit seiner Armee bis nach Moskau vor, musste dann jedoch unverrichteter Dinge umkehren. Auf dem Rückweg nach Frankreich kam der größte Teil seiner Armee durch Hunger, Kälte und ständige Angriffe um.
DAS ENDE Der sieglose und verlustreiche Rückzug seiner Truppen aus Russland steigerte die Unzufriedenheit in der französischen Bevölkerung. Die andauernde Plünderung der Staatskassen für die Feldzüge und die Polizeiherrschaft hatten das Ansehen des Kaisers schon seit längerem schwinden lassen. Und auch die Völker in den besetzten Gebieten hatten vergeblich auf mehr politische Rechte gewartet. Der sinkende Stern Napoleons rief seine europäischen Gegner auf den Plan. In der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 musste sich das napoleonische Heer der Übermacht der verbündeten Armeen von Preußen, Russland, Österreich und Schweden beugen. Am 6. April 1814 wurde Napoleon vom eigenen Land zum Abdanken gezwungen und auf die Mittelmeerinsel Elba verbannt. Nach einer abenteuerlichen Flucht kehrte er im März 1815 zwar noch einmal nach Paris zurück. Doch es sollte nur eine „Herrschaft der Hundert Tage” werden. Sie wurde am 18. Juni 1815 von preußischen und englischen Truppen in der Schlacht von Waterloo beendet. Diesmal wurde Napoleon auf die winzige englische Insel Sankt Helena weitab im Südatlantik verbracht. Dort starb er am 5. Mai 1821 an Magenkrebs.
Für Kinder und
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