Partei

 

Vielleicht habt ihr es ja schon einmal erlebt: Da sitzen Erwachsene ganz harmlos um den Tisch und unterhalten sich über scheinbar ganz alltägliche Dinge. Auf einmal schwillt der Ton an. Und plötzlich kriegen sie sich so richtig in die Wolle. Der eine schimpft über die Regierung oder irgendwelche Politiker. Der andere nimmt die Gescholtenen in Schutz und verweist darauf, wie viel Dreck die anderen am Stecken haben. Und so geht es endlos hin und her, bis endlich jemand mit den Worten dazwischenfährt: „Hört doch endlich auf zu politisieren! Das führt doch sowieso zu nichts.” Wenn ein Gespräch so verläuft, kann man getrost davon ausgehen, dass die Streithähne unterschiedlichen Parteien anhängen.

WETTBEWERB UM WÄHLERSTIMMEN

Grundsätzlich ist von Parteien überall dort die Rede, wo mehrere Personen oder Gruppen im Wettbewerb oder Widerstreit liegen. Das Wort leitet sich vom lateinischen Wort partes für „Teile” ab. Aber uns interessieren hier nicht die Streitparteien bei Tisch oder vor Gericht, sondern die politischen Parteien. Das sind Vereinigungen von Menschen mit gleichen oder ähnlichen politischen Ansichten und Interessen. Sie haben sich zusammengeschlossen, um in Staat und Gesellschaft ihre Vorstellungen und Ziele zu verwirklichen. Um dies tun zu können, müssen sie möglichst stark in den Parlamenten vertreten sein. Deshalb versuchen sie ständig, im freien Wettbewerb Anhänger in der Bevölkerung zu gewinnen, die ihnen bei den nächsten Parlamentswahlen ihre Stimme geben.

TORIES UND WHIGS

Geschichtlich betrachtet ist das politische Parteienwesen eng mit dem Parlamentarismus verknüpft. In England, wo es das erste Parlament gab, entwickelten sich vor über 300 Jahren auch die ersten politischen Parteien: auf der einen Seite die königstreuen Tories und auf der anderen Seite die Whigs, die als Kämpfer für bürgerliche Freiheit und mehr Rechte für das Parlament auftraten. Aus ihnen gingen später die Konservativen („Bewahrenden”) und die Liberalen („Freiheitlichen”) hervor, die noch heute existieren. Hinzu gesellte sich im Laufe der Industrialisierung noch eine große Arbeiterpartei.

PARTEIENDEMOKRATIEN

Deutschland ist erst seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 eine echte Parteiendemokratie. Es gab zwar zuvor schon Parlamente und Parteien. Aber entweder spiegelten die Parlamente in keiner Weise die Zusammensetzung der Bevölkerung wider, oder sie funktionierten nicht richtig. Heute wäre unsere Demokratie ohne Parteien undenkbar. Sie spielen die führende politische Rolle in unserem Gemeinwesen. Jeder Bürger, der an der Gestaltung von Staat und Gesellschaft mitarbeiten will, kann dies z. B. als Mitglied in einer Partei tun. Die größeren Parteien sind praktisch überall im Land vertreten. Sie gliedern sich von unten nach oben in Ortsvereine, Bezirks-, Landes- und Bundesverbände.

Regelmäßig treffen sich die Delegierten (Abgesandten) der Parteien zu Parteitagen. Dort wird das zukünftige politische Programm festgelegt und der Parteivorstand mit dem Parteivorsitzenden an der Spitze gewählt. Wenn Wahlen anstehen, finden Delegiertenkonferenzen statt. Dort bestimmen die Abgesandten die Kandidaten, die sich bei den Bürgern um ein Abgeordnetenmandat bewerben.

REGIERUNGSPARTEIEN UND OPPOSITIONSPARTEIEN

Denn aus den Parteien stammen (fast) all die Politiker, die als gewählte Volksvertreter in den Parlamenten sitzen. Die Parteien, deren Abgeordnete dort die Mehrheit stellen, dürfen die Regierung bestimmen. Das können einzelne Parteien sein oder auch Bündnisse aus mehreren Parteien, die man dann Koalitionen nennt. Diese Regierungsparteien oder Regierungskoalitionen können mit ihrer Mehrheit dann auch die Maßnahmen und Gesetze beschließen, an die sich alle Bürger (und natürlich auch die Regierung selbst) halten müssen.

Aber auch die Parteien, die in der Minderheit sind, erfüllen eine wichtige Aufgabe. Sie bilden die so genannte Opposition (das kommt aus dem Lateinischen und heißt wörtlich „Widerstand”). Bevor Regierung und Regierungsparteien nämlich Maßnahmen beschließen, werden diese ausführlich in der Öffentlichkeit diskutiert. Und dabei ist die Opposition stets bemüht, in Reden vor dem Parlament oder in den Medien (Zeitungen, Fernsehen usw.) ihre abweichenden Meinungen und Standpunkte herauszustellen. Dies kann in manchen Fällen dazu führen, dass die Regierungsseite ein Vorhaben noch einmal überdenkt. Auf alle Fälle ist es eine gute Werbung für die nächsten Wahlen, wenn eine Oppositionspartei die besseren Argumente hat. Und durch die öffentliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien kann sich der Bürger auch ein besseres Bild von den Problemen im Land machen. Er bildet sich dadurch eine eigene Meinung, die er bei seiner nächsten Wahlentscheidung zum Ausdruck bringen kann. Das steckt dahinter, wenn es im Grundgesetz, unserer Verfassung, heißt: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.”

In Deutschland müssen Parteien mindestens 5 Prozent der Wählerstimmen oder drei Direktmandate erringen, um in die Landtage oder den Bundestag einziehen zu dürfen. Die so genannte Fünfprozentklausel soll verhindern, dass die Parlamente durch eine Fülle von winzigen Parteien nicht mehr arbeitsfähig sind, wie dies in der Weimarer Republik nach dem 1. Weltkrieg der Fall war.

Die innere Ordnung der Parteien muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Und sie müssen die Herkunft ihrer Gelder offen legen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Abgeordneten käuflich sind und statt die Interessen des Volkes diejenigen ihrer Geldgeber vertreten.

Wahlkampf und Kandidaten
In den Wahlkämpfen des Medienzeitalters spielen inzwischen Personen eine viel größere Rolle als Parteiprogramme. Jede Partei hat einen Spitzenkandidaten, den sie besonders herausstellt. Den meisten ist gar nicht mehr klar, dass Bundeskanzler und Ministerpräsidenten gar nicht direkt vom Volk gewählt werden. Sie werden erst nach den Wahlen vom Parlament bestimmt.

VON RECHTEN, LINKEN UND RADIKALEN

Um Parteien hinsichtlich ihrer Ziele und Gesinnungen besser einordnen zu können, hat sich eine Einteilung von rechts nach links herausgebildet. Zur politischen „Rechten” gehören konservative Parteien, die für das Altbewährte eintreten und ihre Politik oft auch an religiösen Werten ausrichten. Zur politischen „Mitte” zählt man in der Regel liberale Parteien, die die Zurückhaltung des Staates bei der Gestaltung des Privat- und Wirtschaftslebens fordern. Und als politische „Linke” bezeichnet man sozialdemokratische Parteien, die durch staatliche Eingriffe auch sozial schwachen Menschen zu mehr Wohlstand verhelfen und eine gerechtere Verteilung des Besitzes durchsetzen wollen.

Außerhalb dieses parlamentarischen Parteienspektrums stehen die so genannten extremistischen Parteien. Sie sind nicht bereit, sich an die demokratischen Spielregeln zu halten, und verfolgen radikale Ziele, die die bestehende staatliche Ordnung zerstören würden. Rechtsextremistische Parteien sind beispielsweise übermäßig nationalistisch eingestellt. Sie halten das eigene Volk als allen anderen überlegen und geben sich dementsprechend rassistisch und ausländerfeindlich. Linksextremistische Parteien kämpfen für den Sozialismus. Sie wollen die freie Marktwirtschaft und das private Eigentum abschaffen.

VOLKSPARTEIEN

In den parlamentarischen Demokratien haben sich Volksparteien als die erfolgreichsten erwiesen. Zwar kann man in ihren Programmen das oben genannte Links-Rechts-Schema immer noch erahnen. Aber um möglichst viele Wählerstimmen zu kriegen, bemühen sie sich, die Interessen möglichst aller Bevölkerungsgruppen in ihren Programmen zu berücksichtigen. Die großen Parteien in Deutschland z. B. zählen zu den Volksparteien.

Organisationen der Parteien
Die Volksparteien haben alle möglichen Sonderorganisationen, mit denen sie ganz bestimmte Bevölkerungsgruppen ansprechen wollen. Darunter gibt es auch Jugendorganisationen, in denen junge Leute zum Teil schon politisch mitarbeiten dürfen, bevor sie volljährig sind.

EINHEITSPARTEIEN

Parteien gibt es nicht nur in demokratischen Staaten. In vielen Diktaturen findet man ein Parteiwesen, das jedoch zumeist nur aus einer einzigen, alles bestimmenden und beherrschenden Partei besteht. Manchmal existieren daneben auch noch ein paar andere Parteien. Doch diese sind nicht mehr als Scheinparteien, weil sie der Staatspartei die Macht nicht streitig machen. In solchen Fällen spricht man auch von „Einparteienstaaten”. Beste Beispiele für Einheits- oder Staatsparteien sind die NSDAP im Dritten Reich, die SED in der DDR oder die KPdSU in der Sowjetunion.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)