Politik

 

Politik ist ein sehr weites Feld, so viel steht schon einmal fest. Denn alle Bemühungen und Findigkeiten, die darauf abzielen, die Interessen unterschiedlicher Personen und Gemeinschaften mit friedlichen und rechtmäßigen Mitteln durchzusetzen und miteinander in Einklang zu bringen, kann man mit Fug und Recht als Politik bezeichnen. Das fängt schon innerhalb der Familie an, wo es immer wieder gilt, einen für alle tragbaren Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Wünschen und Vorstellungen herzustellen. Und es hört bei Beziehungen zwischen Staaten auf, wo ein ständiges Ringen zwischen Vormachtstellung und Selbstbehauptung im Gange ist. „Politik ist die Kunst des Möglichen”, so brachte es der erste deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck im 19. Jahrhundert auf den Punkt. Und deshalb dachte sich wohl auch der elfjährige Philipp in einer Kinderfernsehsendung, in der Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Gast war: Wer, wenn nicht der Regierungschef höchstpersönlich, könnte richtig erklären, was eigentlich Politik ist?

DAS VERNÜNFTIGE LEBEN

Die Antwort fiel nicht ganz so bündig aus wie die seines berühmten Amtsvorgängers: „Da gibt es Straßen, die müssen in Ordnung gebracht werden, oder auch neue Straßen oder neue Schienen müssen gebaut werden. Das nennt man Verkehrspolitik. Dann geht’s drum, dass die Menschen, die nicht so viel Geld verdienen, dass die besser leben können; dass der Staat, dass die Politik dafür sorgt, dass es gerecht zugeht in unserer Gesellschaft. Das nennt man Sozialpolitik. Und dann gibt es die Notwendigkeit, dass in den Betrieben, in den Unternehmen, in den Kaufhäusern, in den Fabriken, in den Bereichen, wo Dienstleistungen angeboten werden, dass es da gut geht, damit Menschen Geld verdienen, die dort arbeiten. Das nennt man Wirtschaftspolitik. Also Politik gibt’s in vielen Bereichen, und letztlich muss Politik dafür sorgen, dass wir nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft vernünftig leben können. Und Politik muss dafür sorgen, dass es möglichst gerecht zugeht in unserer Welt, dass Leute Bildung bekommen, zur Schule gehen können – all das hat mit Politik zu tun.”

DAS GUTE LEBEN

Politik im Allgemeinen ist also auf die Gestaltung des privaten und öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Einzelpersonen und Gruppen. Das Wort leitet sich dabei nicht umsonst von polis ab – das ist die Bezeichnung für den altgriechischen Stadtstaat. Denn im engeren Sinne versteht man unter Politik seit jeher die Gesamtheit der Anstrengungen, um der Gesellschaft eines Gemeinwesens ein gutes Leben in Wohlstand, Frieden und Sicherheit zu ermöglichen. Im demokratischen Staat wird Politik in erster Linie von gewählten Politikern gemacht, und sie richtet sich an den Zielen und Spielregeln aus, die die Verfassung vorgibt.

Der Mensch als „politisches Wesen”
Für den griechischen Philosophen Aristoteles bestand der Hauptunterschied zwischen Mensch und Tier darin, dass es dem Menschen nicht nur um das bloße Leben oder Zusammenleben geht, sondern in erster Linie um das gute Leben in der Gemeinschaft. Dies hielt er für das entscheidende Merkmal eines zoon politikon, eines „politischen Lebewesens”.

GROSSE POLITIK

In der parlamentarischen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise wird über die „große” Politik im Bundestag beraten und entschieden. Dort sitzen die von den Bürgern gewählten Volksvertreter nach politischen Parteien geordnet. Jede dieser Parteien hat ein wenig andere Vorstellungen darüber, was für Land und Leute am besten ist. Die Politiker derjenigen Partei, die die meisten Sitze im Bundestag hat, dürfen die Regierung stellen und können mit ihrer Mehrheit die Politik führend gestalten. Wenn keine der Parteien allein über mehr als die Hälfte der Sitze im Bundestag verfügt, müssen sich mehrere zu einer so genannten Regierungskoalition zusammenschließen. Bevor es aber zu einer politischen Entscheidung in Form von Gesetzen oder Verordnungen kommt, wird zwischen den Politikern ausgiebig darüber in der Öffentlichkeit diskutiert. Dabei kann dann die Opposition – das sind die Politiker der Parteien, die in der Minderheit sind – ihre abweichenden Meinungen deutlich machen.

Die Kinderkommission
1988 wurde als Fürsprecher für die Belange der Minderjährigen beim Deutschen Bundestag eine Kinderkommission (KiKo) eingerichtet. Ihre Mitglieder bemühen sich seitdem, in den politischen Entscheidungsprozessen die Bedürfnisse der Kinder stärker zur Geltung zu bringen.

MITTELGROSSE POLITIK

Jedes der 16 deutschen Bundesländer hat zusätzlich noch ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Die kümmern sich um diejenigen Angelegenheiten in ihren Ländern, für die Bundestag und Bundesregierung nicht zuständig sind. Beschließen Bundesregierung und Bundestag aber politische Maßnahmen, die die Bundesländer betreffen, muss außerdem noch der Bundesrat zustimmen. Dort sitzen die Vertreter der 16 Landesregierungen. Sollten die Beschlüsse im Bundesrat keine Mehrheit finden, sind sie gescheitert. Möglicherweise müssen sie nur noch einmal überarbeitet werden, damit sie vom Bundesrat bestätigt werden. Sinnvoll ist es, wenn bei der Überarbeitung der Bundesrat gleich miteinbezogen wird. Zu diesem Zweck gibt es einen gemeinsamen Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Das ist eine Art Schiedsrichterversammlung, in der über mögliche Kompromisse verhandelt werden kann.

KLEINE POLITIK

Am deutlichsten werden die Auswirkungen der Politik für jeden Einzelnen in der Kommunalpolitik. Das ist die „kleine” Politik, die in den Stadt- und Gemeinderäten betrieben wird. Die Stadt- und Gemeinderäte sind eine Art Miniparlamente, in denen gewählte ortsansässige Bürger über so wichtige Dinge wie neue Kindergärten, Schulen und Arbeitsplätze, den Bau von Straßen, Häusern und Gewerbegebieten oder die Betreuung von Armen und Alten entscheiden.

Kinder in der Politik
Seit längerem schon wird in verschiedenen Formen eine stärkere Einbindung von Kindern und Jugendlichen in politische Entscheidungen erprobt. So sind zunächst in einigen kleineren Städten und Gemeinden, später auch in Großstädten Kinderbüros, Kinderbeauftragte, Kinderversammlungen, Kinder- und Jugendparlamente, -beiräte oder -foren gegründet worden, um der so genannten Politikverdrossenheit junger Menschen entgegenzuwirken.

GANZ GROSSE POLITIK

Die Gesamtheit der Politik, wie sie in den vorangegangenen drei Kapiteln beschrieben wird, nennt man Innenpolitik, weil sie sich nur auf die innere Ordnung des Staates bezieht. Daneben gibt es noch die Außenpolitik. Das ist die „ganz große” internationale Politik, in der es um die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Staaten geht. Auch sie vollzieht sich auf unterschiedlichen Ebenen. So muss sich etwa die deutsche Bundesregierung in vielen Politikbereichen mit ihren Partnerländern in der Europäischen Union (EU) abstimmen. Echte Weltpolitik wird in den Vereinten Nationen (UNO) betrieben, in denen 191 Staaten der Erde vertreten sind.

Kinder als Wähler?
Die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes fordert ausdrücklich mehr Mitbestimmung für Minderjährige. Deshalb sind in letzter Zeit Forderungen lauter geworden, das Wahlalter von 18 auf 14 oder wenigstens 16 Jahre herabzusetzen. Erst wenn Kinder und Jugendliche sich an der Zusammensetzung von Parlamenten beteiligen können, wird Deutschland kinderfreundlicher werden, heißt es. Denn nur Wähler machen auf die Parlamentarier Eindruck.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)