Regierung

 

In grauer Vorzeit war die Sache noch einfach. Ähnlich wie im Tierreich schwang sich auch bei den Menschen der Stärkste, Geschickteste oder Schlauste zum Anführer der Gruppe auf. Als Oberhaupt, Häuptling oder Herr hatte er das Sagen. Um die Ausübung seiner Herrschaft vor Rivalen zu sichern, suchte er sich Unterstützung. Dazu wählte er aus seinen Untertanen die treuesten aus und ließ sie an seiner Macht und seinem Glanz teilhaben. Vielleicht hörte er auf ihren Rat, vielleicht auch nicht, vielleicht ließ er sie sogar ein bisschen mitregieren. Die letzte Entscheidung darüber, was seine Untertanen zu tun und zu lassen hatten, ließ er sich aber nicht nehmen. Im Laufe der Menschheitsgeschichte hat sich aus dieser Art der Alleinherrschaft die Monarchie (Königtum) entwickelt. Die Getreuen des Königs bildeten den bevorrechtigten Adel. Teilten sich König und Adel die Macht, nannte man diese Regierungsform auch Aristokratie („Herrschaft der Besten”). So oder so, die große Masse des Volkes hatte jahrhundertelang kein Mitspracherecht. Die Zeiten haben sich inzwischen geändert.

Die Regierung ist die Führungsspitze eines Staates, bestehend aus einem Regierungschef und seinen Ministern. Regierungschef ist je nach Staatsform ein Monarch, ein Staatspräsident oder ein Ministerpräsident (der auch Bundeskanzler oder Premierminister heißen kann). Im demokratischen Staat wird die Regierung meist vom Parlament gewählt oder zumindest bestätigt, manchmal auch vom Volk, und sie kann auch wieder abgewählt werden. In Diktaturen dagegen liegt die Regierung fest in einer Hand oder in den Händen einiger weniger und kann nicht abgewählt werden.

HERRSCHAFT MIT ZUSTIMMUNG DES VOLKES

Zwar gibt es weltweit immer noch viel zu viele Länder, in denen Einzelne die Regierung in Form einer Gewaltherrschaft ausüben. Doch in den meisten Ländern hat sich das Volk inzwischen die Regierungsgewalt erobert. Wo dies der Fall ist, spricht man von Demokratie („Herrschaft des Volkes”). Dass aber in großen Staaten mit Millionen von Menschen nicht ein jeder regieren kann, leuchtet ein. Deshalb wählt sich das Volk seine Vertreter in ein Parlament, die danach wiederum eine Regierung wählen (in einigen Staaten werden die Regierungschefs auch direkt vom Volk gewählt). Deshalb ist heute, wenn von Demokratie die Rede ist, auch weniger eine „Herrschaft des Volkes” gemeint als eine „Herrschaft mit Zustimmung des Volkes”.

Um alle Probleme bewältigen zu können, sucht sich der Regierungschef fähige Leute zusammen, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen sollen, und ernennt sie zu Ministern seiner Regierung. Regierungschef und Minister bilden zusammen das Kabinett, wie man die Regierungen von Staaten und Bundesländern auch häufig bezeichnet.

NICHTS GEHT OHNE ERLAUBNIS

Da in einer parlamentarischen Demokratie die Regierung von den Vertretern des Volkes eingesetzt wird, kann sie hinterher natürlich nicht machen, was sie will. Sie könnte nämlich jederzeit auch wieder abberufen werden. Für alles, was sie vorhat, muss sie sich deshalb erst eine Erlaubnis holen. Jedes Mal, wenn die Regierung eine Maßnahme beabsichtigt, muss sie erst dem Parlament einen entsprechenden Vorschlag zur Diskussion vorlegen. Wenn bei der Schlussabstimmung im Parlament eine Mehrheit damit einverstanden ist, kann der Vorschlag zum Gesetz werden, an das sich alle Bürger und natürlich auch die Regierung halten müssen. Denn allein das Parlament hat durch den Willen des Wahlvolkes die gesetzgebende Gewalt (Legislative) im Staat erhalten.

DER ARM DES GESETZES

Die Umsetzung der Gesetze in die Tat muss wiederum die Regierung in die Wege leiten. Denn die Regierung hat durch den Willen der Volksvertreter die ausführende Gewalt (Exekutive) im Staat übertragen bekommen. Um ihren Gesetzen und Maßnahmen Geltung zu verschaffen, bedient sich die Regierung eines riesigen Verwaltungsapparates mit den Ministerien an der Spitze. Dieser Apparat besteht aus Behörden und Ämtern mit einem Heer von Beamten und Angestellten, deren Wirken und Aufsicht bis ins letzte Dorf und in die hintersten Winkel des Landes reichen.

REGIERUNGSCHEF – EIN AMT MIT VIELEN NAMEN

Den Bundeskanzler (kurz: Kanzler) kennt wahrscheinlich jeder. In allen Zeitungen sind Bilder von ihm. Und ständig ist er im Fernsehen zu sehen, wie er gerade Interviews gibt, Reden hält, Staatsmänner aus fremden Ländern empfängt oder besucht. Der Bundeskanzler ist in Deutschland der Regierungschef. Auch Österreich hat einen Bundeskanzler. In anderen Staaten nennt man den Regierungschef auch Ministerpräsident oder Premierminister. Dort, wo die Regierungschefs vom Volk direkt gewählt werden wie etwa in den USA oder in Frankreich, heißen sie Präsident.

Der Regierungschef hat zweifellos das mächtigste Amt im Staat. Zwar gelten in den meisten parlamentarischen Demokratien die Staatspräsidenten (in Deutschland und Österreich der Bundespräsident) oder – wo es sie noch gibt – die Monarchen als Staatsoberhäupter. Doch in Wirklichkeit beschränken die sich auf die Rolle unparteiischer Vertreter ihrer Länder. In die Politik greifen sie kaum ein.

Auch in Deutschland gibt es Ministerpräsidenten. Doch sie bilden die Spitzen der Landesregierungen. Denn Deutschland ist eine Bundesrepublik aus 16 Bundesländern, von denen jedes ein eigenes Parlament und eine Regierung hat. Ebenso ist es in der Bundesrepublik Österreich, wo die Chefs der Landesregierungen Landeshauptmänner heißen.

Zur besseren Verwaltung sind die deutschen Bundesländer noch einmal in Regierungsbezirke untergliedert, mit je einer eigenen Regierung und einem Regierungspräsidenten an der Spitze. Miniregierungen mit angegliederten Verwaltungseinheiten existieren darüber hinaus auf der Ebene der kreisfreien Städte, Landkreise und Gemeinden.

Die Schweizer Regierung ist der Bundesrat, der sich aus sieben Ministern zusammensetzt. Einen Regierungschef gibt es dort nicht. Alle Bundesräte sind gleichberechtigt. Abwechselnd vertritt jeder von ihnen ein Jahr lang als Bundespräsident die Schweiz nach außen.

DER BUNDESKANZLER – STAR IN PARTEI UND REGIERUNG

Der Bundeskanzler, der übrigens durchaus auch eine Frau sein kann, wird vom Bundestag (in Österreich heißt das entsprechende Parlament Nationalrat) gewählt. Er gehört der Partei an, die bei der Bundestagswahl die meisten Wählerstimmen erhalten hat und nun im Bundestag die Mehrheit der Abgeordneten stellt (Regierungspartei). Reicht es nicht für eine eigene Mehrheit, so müssen sich vor der Regierungsbildung mehrere Parteien zu einem Bündnis zusammenschließen (Regierungskoalition) und sich auf einen gemeinsamen Kanzler einigen. In der Regel ist jedoch schon vor den Wahlen klar, welchen Kandidaten jede Partei im Falle ihres Sieges zum Kanzler küren wird. Ja, heutzutage hat man bisweilen sogar den Eindruck, bei den Bundestagswahlen ginge es gleich um die Wahl des Kanzlers, was ja gar nicht der Fall ist.

DIE MINISTER

Der Bundeskanzler steht einem Kabinett aus Ministerinnen und Ministern vor, von denen jede bzw. jeder einen Aufgabenbereich, ein so genanntes Ressort, betreut, manchmal auch mehrere. Diese können je nach Bedarf eingerichtet oder wieder abgeschafft werden. Die wichtigsten Ministerien, die man in fast allen Staaten der Welt findet, sind: Außenministerium (in Deutschland: Auswärtiges Amt), Innenministerium, Verteidigungsministerium, Finanzministerium und Justizministerium. Daneben gibt noch viele weitere, etwa für Wirtschaft, Arbeit und Soziales, Gesundheit und soziale Sicherung, Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Familie, Bildung und Forschung, Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung usw.

DISZIPLIN UND KOMPETENZ

Die Regierungsmitglieder treffen sich in der Regel einmal pro Woche zur Kabinettssitzung. Dort informieren sie sich gegenseitig über ihre Arbeit, diskutieren Probleme und suchen nach Antworten auf dringende politische Fragen – und zwar möglichst einhellige Antworten (man nennt das Regierungsdisziplin). Als Chef der Regierung gibt der Bundeskanzler dabei die politische Richtung vor und kann in Streitfällen auch ein Machtwort sprechen (das ist die Richtlinienkompetenz).

Nach Ablauf der so genannten Legislaturperiode des Bundestages (vier Jahre) finden Neuwahlen statt. Und je nachdem, wie zufrieden die Bürger mit der Arbeit von Regierung und Regierungsparteien waren, haben diese die Chancen auf eine Wiederwahl, oder andere Parteien mit einem anderen Kanzler und anderen Ministern kommen zum Zug.

Die Helfer der Regierung
Die meisten Minister sind vor allem Politiker und nicht Fachleute für komplizierte Einzelprobleme. Sie sind deshalb auf Hilfe angewiesen. Wo ihnen der nötige Sachverstand fehlt, holen sie sich Rat von den vielen, vielen Experten, die hauptberuflich in den Ministerien arbeiten. Allein das Bundeskanzleramt, die deutsche Regierungszentrale, beschäftigt fast 500 Angestellte, die den Bundeskanzler bei seiner Arbeit unterstützen. Zusammen mit den Mitarbeitern in den Ministerien kommen leicht einige Tausend Personen zusammen, die für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland tätig sind.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)