Terrorismus

 

Am 11. September 2001 schockierten Fernsehbilder wie aus einem Katastrophenfilm die Welt. Religiöse Fanatiker hatten in den USA mehrere voll besetzte Passagierflugzeuge in ihre Gewalt gebracht, um sie zu tödlichen Geschossen umzufunktionieren. Sie zwangen die Piloten, sich mitsamt ihren Passagieren in die beiden Wolkenkratzer des Welthandelszentrums (World Trade Center) in New York sowie ins Pentagon – das amerikanische Verteidigungsministerium in Washington – zu stürzen. Um die ihnen verhasste Weltmacht USA in Angst und Schrecken zu versetzen, nahmen diese Männer ihren eigenen Tod in Kauf und den Tausender Menschen, die in diesen Bürogebäuden arbeiteten. Die beiden 100 Stockwerke hohen Bürotürme des Welthandelszentrums fielen nach dem Einschlag der Flugzeuge wie Kartenhäuser in sich zusammen. Fast 3 000 Menschen kamen durch diese Wahnsinnstat ums Leben. Es war der aufsehenerregendste Terroranschlag in der Geschichte der Menschheit.

CHAOS UND HYSTERIE

Und einer der folgenschwersten. Denn die US-Regierung wertete den Angriff als Kriegserklärung eines internationalen Terrornetzwerkes. Die USA entsandten Hunderttausende Soldaten zum Kampf gegen dieses Netzwerk in die Welt und griffen mehrere Staaten an, in denen sie die Drahtzieher der Attentate vermuteten. Und zum Schutz des eigenen Landes rüsteten sie die Sicherheitskräfte auf und weiteten die Überwachung der Bevölkerung stark aus. Diese Maßnahmen, durch die weitere Terroranschläge verhindert werden sollten, stellten zum Teil beträchtliche Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger dar. Aber gerade solche Überreaktionen, zu denen sich selbst demokratische Staaten im Kampf gegen den Terrorismus hinreißen lassen, gehören zu den Absichten der Terroristen. Sie wollen ein Klima von Angst, Chaos und Hysterie erzeugen und dadurch die Regierungen dazu zwingen, die Freiheit und die demokratischen Rechte ihrer Bürger einzuschränken, um dann wiederum die eingeschränkten Freiheitsrechte anprangern zu können.

WAS IST TERRORISMUS?

Das Wort „Terror” kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Schrecken”. Als Terrorismus bezeichnet man die Anwendung oder Androhung von Gewalt, um bestimmte, meist politische Ziele zu erreichen. Terroristen sehen sich als selbstlose Vorkämpfer für vermeintliche Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen. Das unterscheidet sie von gewöhnlichen Kriminellen, denen es ausschließlich um ihren persönlichen Vorteil geht. Terroristen kämpfen beispielsweise für die Unabhängigkeit von Fremdherrschaft, die Durchsetzung von Ideologien, die Veränderung der politischen Verhältnisse, die Befreiung von Ausbeutung. Oder sie führen einen „heiligen Krieg” gegen Ungläubige oder Andersgläubige usw. Nicht selten aber existieren die Missstände, die als Gründe für ihre Untaten herhalten müssen, nur in ihrer Einbildung.

Was aber für den einen ein feiger Terrorist ist, kann für einen anderen ein uneigennütziger Held sein. Nehmen wir etwa Partisanen oder Guerillakrieger, denen es in ihrem Kampf immerhin um die Befreiung der Heimat von Fremdherrschaft oder Fremdbestimmung durch unrechtmäßige Besatzungsmächte oder Diktaturen geht. Es kommt bei der Bewertung stets auf den Standpunkt an. Selbst die islamistischen „Gotteskrieger”, die auch für die Anschläge am 11. September 2001 verantwortlich waren, ziehen in den Augen ihrer Anhänger völlig zu Recht gegen die Weltherrschaft der „Ungläubigen” zu Feld. Für sie bestehen deshalb überhaupt keine Zweifel, dass jeder als Märtyrer direkt ins Paradies einzieht, der sich als Selbstmordattentäter mitten in einer Menschenmenge in die Luft sprengt.

Linker Terror
In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hielten vor allem linksextremistische Gruppen verschiedene Länder Westeuropas mit Terroranschlägen in Atem. Sie wollten den Beweis erbringen, dass es sich bei diesen Ländern nicht um Demokratien, sondern um Unterdrückungsstaaten handelt. Sie kämpften für die Befreiung der Arbeiterklasse und wollten eine Revolution anzetteln. In Deutschland tat sich dabei vor allem die Rote-Armee-Fraktion (RAF) mit Bombenanschlägen, Entführungen und Attentaten hervor.

DER UNSICHTBARE FEIND

Terroristen sind manchmal Einzeltäter, meistens aber organisierte Banden. Nicht selten arbeiten unterschiedliche Gruppen mit ähnlicher Zielsetzung zusammen und bauen regelrechte, zum Teil weltumspannende Netzwerke auf wie etwa die islamistische Terrororganisation al Qaida. Diese bestehen u. a. aus verstreuten „Schläfern”. Das sind Einzelpersonen, die oft jahrelang völlig unauffällig als harmlose Mitbürger irgendwo auf der Welt leben und arbeiten, bis sie eines Tages „geweckt” werden, also das Kommando zum Losschlagen erhalten. Solch eine Tarnung macht die Bekämpfung des internationalen Terrorismus äußerst schwierig oder sogar unmöglich. Gegen Länder und Armeen in Uniform kann man Kriege führen. Hier dagegen ist der Gegner nicht greifbar, und seine „Soldaten” geben sich nicht als solche zu erkennen. Terroristen halten sich an keine Regeln, wie sie in Kriegen zwischen Staaten üblich sind. Sie schlagen völlig willkürlich und unberechenbar zu. Die gängigsten Formen des Terrorismus sind Entführungen, Geiselnahmen und Mordanschläge. Bei Anschlägen in Städten und öffentlichen Einrichtungen nehmen sie den Tod von unschuldigen Menschen bewusst in Kauf. Denn die Terroristen wollen zeigen, wie verwundbar ein Staat trotz aller Sicherheitsvorkehrungen und militärischer Macht sein kann.

Palästinensischer Terror
Schon sehr früh erkannten die Palästinenser die Macht der Bilder im Kampf für ihre Sache. Einige spektakuläre Flugzeugentführungen und vor allem die weltweit übertragene Geiselnahme israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München rückten schlagartig ihren längst vergessenen Kampf um einen eigenen Staat ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit.

STRATEGIEN DES TERRORS

Um die Wirkung ihrer Aktionen noch zu steigern, wählen die Terroristen oft symbolkräftige Anschlagsziele. Bei Entführungen und Attentaten nehmen Terroristen in der Regel Menschen ins Visier, die als Vertreter des Systems gelten, das sie bekämpfen, etwa Politiker oder andere Amts- und Würdenträger. Terroristen geht es darum, Zeichen zu setzen, um Aufmerksamkeit für die Sache zu erregen, für die sie kämpfen. Deshalb planen sie ihre Taten mehr und mehr so, dass sie möglichst fernsehgerecht und schockierend sind. Denn was schon hunderte Male zu sehen war, nimmt die Öffentlichkeit kaum mehr wahr. Die Anschläge vom 11. September 2001 richteten sich nicht zufällig gegen das Welthandelszentrum und das Pentagon. Diese Gebäude sind herausragende Symbole für die wirtschaftliche und militärische Macht der USA. Und vermutlich jagten die Terroristen mit Absicht das zweite Flugzeug erst 20 Minuten nach dem ersten in die Türme des World Trade Centers. Nur so konnten sie sichergehen, dass alle Fernsehkameras auf den Ort des Geschehens gerichtet sein und die Bilder des Schreckens in alle Welt senden würden.

BOTSCHAFTEN DES TERRORS

Man hört oft die Parole: Krieg ist der Terrorismus der Mächtigen – Terrorismus ist der Krieg der Schwachen. Da aber Schwache gegenüber Regierungen nichts zu vermelden haben, bleibe ihnen nur der Terror, um sich Gehör zu verschaffen. Und in der Tat haben Terroranschläge immer auch eine Reihe von Botschaften im Gepäck. Den Machthabern beispielsweise soll verdeutlicht werden: „Achtung, Achtung! Wir sind auch noch da! Wir kämpfen für diese Sache oder gegen jenen Missstand! Und wenn ihr uns nicht ernst nehmen wollt, kann euch das teuer zu stehen kommen!” An die verängstigten Bürger ergeht die Warnung: „Übt Druck auf eure Regierung aus, auf unsere Forderungen einzugehen! Sonst kann es sein, dass ihr zu den nächsten Opfern gehört.” Und nicht zuletzt dienen Terroranschläge auch der Ermutigung untätiger Gesinnungsgenossen nach dem Motto: „Schließt euch unserem Kampf an! Es lohnt sich. Wie ihr seht, können wir etwas bewirken, auch wenn wir militärisch und zahlenmäßig unterlegen sind.”

Islamistischer Terror
Heute geht eine wachsende Gefahr vom islamistischen Terrorismus aus. Er ist bestens organisiert und verfügt über große Geldmittel. Das Terrornetzwerk al Qaida, das für die Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlich war, verfügt heute über 20 000 Kämpfer, die in ihrem 'heiligen Krieg' zu allem bereit sind. In dem Jahrzehnt vor dem 11. September 2001 wurde al Qaida für insgesamt acht Terroranschläge verantwortlich gemacht, die 280 Todesopfer forderten. Doch in nur zweieinhalb Jahren danach verübten Al-Qaida-Terroristen mehr als 60 Terroranschläge, bei denen mindestens 2 100 Menschen ihr Leben ließen. Einen der schwersten Anschläge verübten islamistische Terroristen genau zweieinhalb Jahre nach dem 11. September 2001 in der spanischen Hauptstadt Madrid: Am 11. März 2004 wurden durch Bombenanschläge in Nahverkehrszügen fast 200 Menschen getötet und Hunderte verletzt.

Für Kinder und Jugendliche
verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2007)