Geboren am 10. Mai 1923 in Nachitschewan, arbeitete Alijew nach
einem abgebrochenen Architekturstudium ab 1941 für den sowjetischen
Staatssicherheitsdienst. Nebenbei schloss er 1957 in Baku ein
Studium der Geschichtswissenschaften ab und stieg bis 1967 zum
KGB-Chef von Aserbaidschan im Rang eines Generalmajors auf (bis
1969). Seit 1966 gehörte er dem Zentralkomitee der
aserbaidschanischen KP an, 1969 wurde er Vorsitzender der
aserbaidschanischen KP, und ab 1971 war er zudem Mitglied des
Zentralkomitees der KPdSU. 1982 wurde er schließlich Vollmitglied
des Politbüros der KPdSU sowie stellvertretender Ministerpräsident.
In der Ära Gorbatschow verlor er zunächst all seine Posten in Staat
und Partei, feierte aber 1990 als nationalistischer Abgeordneter des
Obersten Sowjets von Aserbaidschan und ab 1991 als
Parlamentspräsident der Autonomen Republik Nachitschewan sein
politisches Comeback.
Nach dem Sturz des gewählten Präsidenten von Aserbaidschan,
Abulfas Eltschibej, erhob ihn das Parlament in Baku im Juni 1993 zu
seinem Präsidenten und damit zum amtierenden Staatsoberhaupt. Im
Oktober 1993 wurde Alijew bei den Präsidentschaftswahlen mit 98,8
Prozent der abgegebenen Stimmen als Staatspräsident bestätigt. Im
Oktober 1998 wurde er für weitere fünf Jahre gewählt, diesmal
allerdings nur mit gut 76 Prozent der Stimmen, d. h. mit wenig mehr
als der benötigten Dreiviertelmehrheit. Die Opposition warf ihm
massiven Wahlbetrug vor, und auch die OSZE-Wahlbeobachter stellten
„ernsthafte Unregelmäßigkeiten” fest. Dennoch wurde Alijew für eine
zweite Amtszeit als Staatspräsident vereidigt.
Auch die Parlamentswahlen vom November 2000, die
primär der Absicherung von Alijews Machtposition dienten, zeichneten
sich durch umfangreiche, offensichtliche Wahlfälschungen aus, so
dass der Europarat die geplante Aufnahme Aserbaidschans zunächst
einmal aussetzte. Aus den Wahlen ging Alijews Partei Neues
Aserbaidschan mit 71 Prozent der Stimmen als klarer Sieger hervor;
Parlamentspräsident wurde Alijews Sohn Ilham Alijew. Der würde,
sollte sein Vater zurücktreten oder sterben (Gejdar Alijew ist
herzkrank), automatisch Staatspräsident. Gegen die Wahlergebnisse
formierten sich vor allem in den Städten Baku und in Scheki massive
Proteste. Im August 2002 ließ Alijew durch ein Referendum eine
umstrittene Verfassungsreform, die nach Ansicht der Opposition in
erster Linie die Erbfolge zugunsten Ilhams absichern und die
Wahlchancen der Alijew-Gegner mindern sollte, verabschieden. Das
Ergebnis des Referendums – nach Regierungsangaben 97 Prozent
Zustimmung – war offensichtlich erneut durch Manipulationen und
Fälschungen zustande gekommen. Laut der neuen Verfassung sollte
künftig der Ministerpräsident automatisch Interimspräsident werden,
sobald der amtierende Präsident sein Amt nicht mehr ausüben könnte.
Im August 2003 wurde Ilham Alijew vom Parlament zum
Ministerpräsidenten gewählt (die Opposition hatte die Wahl
boykottiert), nachdem der bisherige Ministerpräsident Artur Rasizade
zurückgetreten war.
Der Absicherung der Macht im eigenen Land diente
auch mangelnde Kompromissbereitschaft im seit Jahren schwelenden
Konflikt mit Armenien um die Exklaven Nagorny-Karabach und
Nachitschewan, so dass es trotz mehrerer, zum Teil durch
internationale Vermittlung zustande gekommener Verhandlungsrunden
zwischen Alijew und dem armenischen Präsidenten zu keiner Einigung
kam.
Kurz vor den Präsidentschaftswahlen am 15. Oktober
2003 erklärte der inzwischen todkranke Alijew, der sich zu dieser
Zeit zur medizinischen Behandlung in den USA aufhielt, seinen
Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur – zugunsten seines Sohnes.
Und erwartungsgemäß ging Ilham Alijew aus dieser von
Unregelmäßigkeiten und Gewalt gekennzeichneten Wahl als Sieger
hervor; am 31. Oktober 2003 wurde er als Nachfolger seines Vaters im
Präsidentenamt vereidigt. Am 12. Dezember 2003, nur wenige Wochen
nach seinem Rückzug vom Präsidentenamt, starb Alijew in einer Klinik
in Cleveland (Ohio, USA).
Verfasst von:
Roland Detsch