Angola

(Politik - Verwaltung - Geschichte)

Politik und Verwaltung

Nach der staatlichen Unabhängigkeit 1975 wurde in Angola ein an Moskau orientierter Einparteienstaat errichtet mit dem aus der Befreiungsbewegung hervorgegangenen Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA) an der Spitze, das von nun an den Zusatz Partido de Trabalho im Namen führte. Zwar existierte eine indirekt gewählte Volksversammlung, aber de facto bestimmte das MPLA die Regierungspolitik, deren Vorsitzender António Agostinho Neto – seit 1979 José Eduardo dos Santos – zugleich als Staatspräsident fungierte. Gegenspieler des MPLA ist die 1967 gegründete rechtsgerichtete União Nacional para a Indêpência Total de Angola (UNITA), die mit Unterstützung der USA und Südafrikas der Regierung seit der Unabhängigkeit einen jahrzehntelangen Guerillakrieg lieferte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Annäherung Angolas an den Westen schloss die MPLA-Regierung einen Friedensvertrag mit der Rebellenbewegung UNITA und ließ im September 1992 ein Mehrparteiensystem zu. Seit den ersten freien Wahlen ist die MPLA stärkste Kraft im Parlament und ihr Vorsitzender dos Santos Staatspräsident. Gemäß dem Protokoll von Lusaka von 1994 sind vier Ministerien und sieben Stellvertreterposten im Kabinett für die oppositionelle UNITA reserviert. MPLA und UNITA verständigten sich darauf, die 1996 fälligen Parlamentswahlen vorerst auszusetzen. Neuwahlen werden für 2007 erwartet.

Exekutive

Hinsichtlich des politischen Systems handelt es sich bei Angola um eine Präsidialrepublik. Staats- und Regierungschef ist der Staatspräsident, der zugleich das Oberkommando der Streitkräfte führt. Er wird direkt vom Volk für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Assistiert wird der Präsident bei seinen Regierungsgeschäften von den Ministern des Staatsrates (Kabinett), die er selbst ernennt.

Legislative

Für die Gesetzgebung in Angola ist die aus einer Kammer bestehende Nationalversammlung (Assembléia Nacional) zuständig. Ihre 220 Abgeordneten werden auf der Grundlage des Verhältniswahlrechtes für eine vierjährige Legislaturperiode direkt vom Volk gewählt.

Judikative

Die Judikative setzt sich aus einem Obersten Gerichtshof und separaten Gerichtshöfen auf Provinzebene zusammen. Ihre Richter werden vom Präsidenten ernannt. Das Rechtssystem in Angola ist von einer Mischung aus portugiesischem bürgerlichen Recht und Gewohnheitsrecht geprägt. Die staatliche Ordnung basiert auf der Verfassung vom 11. November 1975, die verschiedene Revisionen erfahren hat (1978, 1980, 1991 und 1992). Die Ausarbeitung einer neuen Konstitution, in der Pluralismus und eine frei Marktwirtschaft festgeschrieben werden sollen, ist für die nächste Legislaturperiode angekündigt.

Parteien

Die wichtigsten Parteien Angolas sind neben dem Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA) das an der so genannten „Regierung der Nationalen Einheit und Versöhnung“ beteiligte Foro Democrático Angolano (FDA), Partido Renovador Democrático (PRD), Frente Nacional da Libertação de Angola (FNLA), Tendência de Reflexão Democrática (TRD), Partido Angolano da Juventude Operária (PAJOCA) und Partido de Renovação Social (PRS). Größte Oppositionspartei ist die União Nacional para a Indêpência Total de Angola (UNITA), die über 70 Mandate im Parlament verfügt. Politischen Einfluss auf die Politik Angolas nimmt auch die separatistische Frente de Libertação do Estado de Cabinda (FLEC), die eine Exilregierung gebildet hat und im Begriff ist, sich von einer Guerillabewegung zu einer Pressure Group zu wandeln.

Staatliche Gliederung und Verwaltung

Angola setzt sich aus 18 Provinzen zusammen, die jeweils einem Provinzgouverneur unterstehen: Bengo, Benguela, Bie, Cabinda, Cuando Cubango, Cuanza Norte, Cuanza Sul, Cunene, Huambo, Huila, Luanda, Lunda Norte, Lunda Sul, Malanje, Moxico, Namibe, Uige und Zaire. Die Provinzen untergliedern sich in Bezirke und Kommunen und verfügen auf allen Ebenen über eigene Verwaltungsstrukturen.

Geschichte

Steinwerkzeugfunde im Nordosten und Süden des Landes sowie Felszeichnungen in den ariden Zonen im Gebiet von Namibe belegen, dass das heutige Angola schon vor 20 000 Jahren von Buschmännern der San bevölkert war, einem dunkelhäutigen Volk von Jägern und Sammlern, das aus der Kalahari stammte. Um 500 n. Chr. wanderten von Norden Bantu in das Gebiet des Kongo-Flusses ein. Sie breiteten sich im 13. Jahrhundert weiter nach Süden aus und vereinigten sich mit ihren Vasallen 1350 zum Bakongo-Reich, dessen wirtschaftliche Grundlage Eisenverarbeitung, Landwirtschaft, Handwerk und Handel bildeten. Etwa zur gleichen Zeit erlebte weiter südlich das Ngola-Reich von Ndongo seinen Aufstieg.

Portugiesische Invasion

Als die Portugiesen 1483 auf der Suche nach Edelmetall, Elfenbein und einem Seeweg nach Indien an der Mündung des Kongo landeten, herrschte dort gerade Manikongo (König) Nzinga Nkuwu. Dieser ließ sich bereitwillig zum Christentum bekehren, herrschte von nun an als João I. und versorgte ebenso wie sein Nachfolger Alfonso I. die Europäer mit Sklaven aus dem Hinterland. Die Kollaboration mit den Europäern schadete dem Ansehen der Bakongo, die 25 Jahre nach dem Tod Alfonsos einem Angriff der Yaka unterlagen. Unterdrückung, Zwangsmissionierung und vor allem die Massendeportationen führten Ende des 16. Jahrhunderts zu einem Volksaufstand und zur Vertreibung der Portugiesen. Diese drangen nun in das Ndongo-Reich vor, das sie nach langwierigen, harten Kämpfen zu Zeiten der Königin Nzinga Mitte des 17. Jahrhunderts unterjochten. Die Portugiesen nahmen das Land in Besitz, das sie nach dem Ngola, einem eisernen Symbol der Ndongo-Häuptlingswürde, Angola nannten. Dann wandten sie sich erneut gegen die Bakongo, denen sie am 29. Oktober 1665 in der Schlacht von Mbwila (Ambuila) eine vernichtende Niederlage zufügten.

Kolonialherrschaft

Dies markierte das Ende des dreihundertjährigen großen Kongo-Reiches, das in kleinere Einheiten zerfiel, die zwar den Manikongo formal anerkannten, aber faktisch nur der portugiesischen Krone untertan waren. Gegen die Fremdherrschaft und Versklavung, die zur Verschleppung von rund fünf Millionen Menschen geführt hatte, die meisten davon in die Zuckerpflanzungen Brasiliens, regte sich schon früh Widerstand, der das Land in permanenten Aufruhr und Kriegszustand versetzte. Obwohl sie die „Schutzherrschaft“ über das gesamte Land beanspruchten und Angola 1951 zur Überseeprovinz erhoben, blieb die Macht der portugiesischen Gouverneure hauptsächlich auf die küstennahen Gebiete beschränkt. Trotz massiver Militärpräsenz reichte sie bis ins 20. Jahrhundert hinein nie weiter als bis in die Gegend um die Hauptstadt Luanda.

Nach dem Verbot des lukrativen Sklavenhandels im Zuge der Abolution, verlegten sich die Portugiesen Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Angola auf Plantagenwirtschaft. Zum Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur stellte man den europäischen Kolonisten einheimische Zwangsarbeiter zur Verfügung. Die für die portugiesische Kolonialherrschaft typische systematische Ausbeutung und Unterdrückung, die während der Diktatur António der Oliveira Salazars besonders exzessiv praktiziert wurde, ging als Regime do Indigenato (Regime der Würdelosigkeit) in die Annalen ein.

Nationalismus und Befreiungsbewegungen

Anders als andere europäische Kolonialmächte war das Salazar-Regime nicht bereit, seine Kolonien in einem geordneten Verfahren in die staatliche Unabhängigkeit zu entlassen. Die Selbstherrlichkeit der Kolonialherren und ihre Festhalten an überkommenen Machtstrukturen führte zu zunehmender Aufsässigkeit der einheimischen Bevölkerung. Aufkeimender Nationalismus und Freiheitsdrang manifestierten sich schließlich 1956 im marxistisch orientierten Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA), das aus einem Zusammenschluss von über 20 Gruppierungen hervorging und im Wesentlichen von euroafrikanischen, städtischen Intellektuellen getragen wurde. Es bildete mit der rivalisierenden Frente Nacional de Libertação de Angola (FNLA) und der verfeindeten União Nacional para a Indêpência Total de Angola (UNITA) die Speerspitzen im bewaffneten Kampf gegen die Kolonialherrschaft und im anschließenden Ringen um die Macht im Staat.

Die Besonderheit am angolanischen Bürgerkrieg, der mit Unterbrechungen über drei Jahrzehnte lang tobte, liegt darin, dass er zu einem Stellvertreterkrieg globaler und regionaler Mächte und ihrer jeweiligen Vasallen mutierte. In den Unabhängigkeitskrieg (1961 – 1974), der fließend in einen Stammeskrieg um die Macht im neuen Staat überging (1975 – 1992), waren direkt oder indirekt in Form von militärischer bzw. finanzieller Hilfe u. a. Kuba, Sambia, Senegal, Südafrika, UdSSR, USA, Zaire, zeitweise sogar China und Nordkorea verwickelt.

Unabhängigkeitskrieg 1961 – 1975

Das Startsignal für den bewaffneten Befreiungskampf gegen die Portugiesen fiel am 4. Februar 1961, als Kämpfer des MPLA das Gefängnis von Luanda stürmten, um inhaftierte Genossen zu befreien. Mitte der sechziger Jahre eröffnete das MPLA von Cabinda aus eine zweite Front und brachten bis 1972 mehr als ein Drittel des Landes im Osten und Südosten unter seine Kontrolle. Im Norden operierte derweil die FNLA, die Anfang der sechziger Jahre vorübergehend auch unter dem Namen União das Populações de Angola (UPA) auftrat. Obwohl ebenfalls linksorientiert, kamen Bündnisse der FNLA mit dem MPLA aufgrund ideologischer Differenzen und unterschiedlicher Zielvorstellungen nicht zustande. Dies war nicht zuletzt auch auf das Betreiben der Weltmächte USA und UdSSR zurückzuführen, die die FNLA bzw. das MPLA instrumentalisierten, um ihre eigenen Interessen im westlichen Afrika zu verfolgen.

Inspiriert von den so genannten Dakongo-Kreise in Léopoldville (heute Kinshasa), die von der Wiederherstellung des alten großen Kongo-Reiches träumten, strebte der FNLA-Anführer Holden Alvaro Roberto die Errichtung eines kongolesischen Großreiches an. Erstmals in Erscheinung getreten war der Versicherungskaufmann vom Stamm der Bakongo, der lange Zeit im Dienste der belgischen Kolonialverwaltung in Kongo stand, als Chef der 1957 gegründeten FNLA-Vorgängerorganisation União das Populações do Norte de Angola (UPNA), deren Aktivitäten sich anfangs rein auf den Norden beschränkten. An der Spitze der UPA zettelte Roberto 1961 einen Aufstand der Kaffeebauern im Norden Angolas an, der in Massakern an europäischen Plantagenbesitzern und afrikanischen Wanderarbeitern ausartete und von den Kolonialtruppen blutig niedergeschlagen wurde (ca. 40 000 Tote). Später bildete Roberto im kongolesischen Léopoldville eine Exilregierung (Governo Revoluçionário Angolano no Exile, GRAE), die aber von der Organization of African Unity (OAU) lediglich zwischen 1964 und 1971 anerkannt wurde.

Die Feindseligkeiten zwischen den rivalisierenden Unabhängigkeitsbewegungen leisteten Spaltungstendenzen, Verrat und Renegatentum innerhalb der gegnerischen Lager Vorschub. So kam es, dass seit einer Abspaltung von der FNLA 1967 die União Nacional para a Indêpência Total de Angola (UNITA) unter der Führung von Jonas Savimbi, der an der Exilregierung beteiligt gewesen war, als dritte wichtige Kraft im angolanischen Bürgerkrieg mitmischte. Die UNITA, die schwerpunktmäßig in der Moxico-Provinz operierte, machte anfangs vor allem durch spektakuläre Anschläge und Sabotageakte von sich Reden. Da sie ein prowestliches Angola mit marktwirtschaftlicher Ordnung anstrebte wurde sie konservativen afrikanischen Staaten unterstützt, stand aber auch in Verdacht, mit der portugiesischen Kolonialarmee zu kollaborieren.

Zwar konnten die Portugiesen die Schwäche des Gegners infolge von Richtungsstreitigkeiten innerhalb des MPLA ausnutzen und durch eine Großoffensive 1972 noch einmal Boden gut machen. Doch nach der Nelkenrevolution begann das portugiesische Kolonialreich auseinander zu fallen. Im Abkommen von Alvor, an dem alle Befreiungsbewegungen beteiligt waren, willigte die neue Regierung in Lissabon schließlich in die Übertragung der Machtbefugnisse ein. Nach einer Zeit des Taktierens zur Sicherung postkolonialer Interessen und zur Stärkung gemäßigter politischer Kräfte wurde Angola am 11. November 1975 in die Unabhängigkeit entlassen.

Bürgerkrieg 1975 – 2002

Ein Kompromiss zwischen den rivalisierenden Siegern, der zur Bildung einer Übergangsregierung führen sollte, hielt nicht lange. Zwei verschiedene Regierungen nahmen für sich in Anspruch, die neue Nation zu vertreten; die eine war vom MPLA in Luanda aufgestellt worden, die andere in Huambo von der FNLA, die den Schulterschluss mit der UNITA suchte. So kam es zur Proklamation zweier Staaten: der Volksrepublik Angola durch das MPLA und der Demokratischen Volksrepublik Angola durch FNLA/UNITA.

Die Rivalitäten zwischen den Befreiungsbewegungen waren bereits im Vorfeld der Staatsgründung zu offener Gewalt eskaliert. Schon im Februar 1975 hatte die FNLA dem MPLA, der zwölf von 16 Provinzen kontrollierte und vom Ostblock unterstützt wurde, den Krieg angesagt. Im Oktober schickte Südafrika auf Ersuchen der UNITA den FNLA-Verbänden Truppen zur Verstärkung. Die Regierung in Pretoria war der UNITA verpflichtet, da diese ihr bei der Verfolgung von Kämpfern der South West Africa People’s Organization (SWAPO) auf angolanischem Boden half.

Nach der Unabhängigkeit Angolas entpuppte sich der Kampf immer mehr als Stammeskrieg zischen den Lunda (MPLA), Bakongo und Kimbundu (FNLA) sowie den Ovambu (UNITA) um die Macht im neuen Staat. Doch das MPLA-Regime konnte sich nicht zuletzt dank dem Beistand 15 000 kubanischer Soldaten behaupten. Mit südafrikanischer und seit Mitte der achtziger Jahre auch wieder amerikanischer Unterstützung führte die UNITA jedoch über weitere zwanzig Jahre hinweg einen blutigen Krieg gegen die neue Regierung.

Seit der Unabhängigkeit wurde Angola gestützt von Kuba vom MPLA regiert. Die Verflechtung regionalistischer, ethnisch-tribalistischer und sozialer Gegensätze sowie die Interessenpolitik der Großmächte und die Destabilisierungspolitik verschiedener Anrainerstaaten erschwerten lange Zeit einen Einigungs- und Friedensprozess. 1988 und 1991 wurden Abkommen unterzeichnet, die einen Waffenstillstand, den Abzug aller ausländischen Truppen und die Zusicherung demokratischer Wahlen beinhalteten. Ihre Einhaltung sollte von Friedenstruppen der Vereinten Nationen im Rahmen der UNMA (United Nations Mission in Angola) überwacht werden (Mandat 1996 verlängert und 1999 beendet). Doch schon bald nach dem Sieg des MPLA bei den ersten freien Wahlen im Oktober 1992 nahm die UNITA den Kampf ein weiteres Mal auf.

Im April 1997 wurde eine Regierung der Nationalen Einheit gebildet, der neben der MPLA auch Mitglieder der UNITA angehörten, u. a. ihr Anführer Jonas Savimbi als „Berater des Präsidenten”. Im Oktober 1998 zerbrach die MPLA/UNITA-Regierung wieder, und wenig später brachen die Kämpfe erneut aus. Erst die Tötung Savimbis durch Regierungstruppen am 22. Februar 2002, die eine erhebliche Schwächung der UNITA bedeutete, nährte die Hoffnung auf eine Beilegung des Bürgerkrieges, der binnen 27 Jahren weit über eine Million Menschen das Leben gekostet und vier Millionen Angolaner zu Flüchtlingen und Vertriebenen gemacht hatte (40 Prozent der Gesamtbevölkerung).

Angola, das zu den rohstoffreichsten Ländern Afrikas zählt, befindet sich als Folge des Bürgerkrieges wirtschaftlich und sozial in einem desolaten Zustand. Erschwert wird die Lage durch nur mühsam unterdrückte separatistische Bestrebungen in der erdölreichen Exklave Cabinda, die seit den siebziger Jahren von der Frente de Libertação do Enclave de Cabinda (FLEC) getragen wird. Die Regierung lehnt die Sezession allein schon deshalb ab, weil die Erdöleinnahmen ihr politisches Überleben und die wirtschaftliche Existenzfähigkeit des Landes sichern.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)