Brauns, Heinrich

(1868-1939)

Deutscher katholischer Priester und Sozialpolitiker (Zentrum), Reichstagsabgeordneter (1919-1933) und Reichsarbeitsminister (1920-1928) in der Weimarer Republik.

Heinrich Brauns wurde am 3. Januar 1868 als einziges Kind eines Schneiders in Lindenberg im Allgäu geboren. Nach dem Theologiestudium und der Priesterweihe war er ab 1890 als Kaplan in Krefeld und ab 1895 als Vikar in Essen-Borbeck tätig. Dort kam er in Kontakt mit August Brust, dem Gründer des „Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter”, beteiligte sich am Aufbau der christlichen Gewerkschaften und warb Mitglieder für den 1890 gegründeten „Volksverein für das katholische Deutschland”.

1903 nahm Brauns in Bonn ein Studium der Volks- und Staatswissenschaften auf und widmete sich nach seiner Promotion in Freiburg ab 1905 als Direktor der Zentralstelle des Volksvereins in Mönchengladbach der Ausbildung von Führungskräften für die christliche Arbeiterbewegung. Im innerkirchlichen Gewerkschaftsstreit tat er alles, um ein päpstliches Verbot der interkonfessionellen Arbeiterorganisation zu verhindern.

Als führendes Mitglied der Zentrumspartei, für die er 1919 in die Weimarer Nationalversammlung und den Reichstag einzog, bemühte sich Brauns vergebens um die Öffnung seiner Partei zu einer überkonfessionellen christlichen Volkspartei. Seine sozialpolitische Kompetenz brachte ihm allerdings 1920 die Berufung zum Reichsarbeitsminister ein. In dieser Funktion überdauerte er zwölf Reichsregierungen und sechs Reichskanzler. Bevor er 1928 als dienstältester Minister der Weimarer Republik aus dem Amt schied, schuf er durch Neugestaltung des Wohlfahrtssystems im Sinne des Subsidiaritätsprinzips die Grundlagen des heutigen Sozialhilferechts. Er baute das Betriebsverfassungsrecht aus und vollendete mit dem Gesetz zur Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Bismarck’sche Sozialgesetzgebung.

Bevor sich Brauns 1933 ins Privatleben zurückzog, leitete er noch als erster Deutscher vier Jahre lang die Internationale Arbeitskonferenz (siehe Internationale Arbeitsorganisation). Von den Nationalsozialisten verleumdet und schikaniert, starb er am 19. Oktober 1939 in seiner Allgäuer Heimat.

1978 stiftete der Bischof von Essen, Franz Kardinal Hengsbach, den Heinrich-Brauns-Preis. Er wird alle zwei Jahre an Persönlichkeiten verliehen, die sich besondere Verdienste bei der Umsetzung der katholischen Soziallehre erworben haben.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)