Bundeswehr

Bezeichnung für die militärischen Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland.

Im Zuge des Kalten Krieges bekam Deutschland ein Jahrzehnt nach der völligen Entmilitarisierung nach dem 2. Weltkrieg von den westlichen Siegermächten 1955 die Erlaubnis zum Aufbau einer eigenen Armee, die als Bündnispartner in die NATO und die Westeuropäische Union (WEU) integriert wurde. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zur so genannten Wiederbewaffnung wurden durch Änderungen des Grundgesetzes (26. März 1954 und 19. März 1956; abgekürzt GG) geschaffen.

Ursprünglich als Freiwilligenarmee konzipiert, wurde bereits 1956 die allgemeine Wehrpflicht (ersatzweise Zivildienst) für alle männlichen Staatsbürger eingeführt. Die Bundeswehr rekrutiert sich seitdem je zur Hälfte aus Wehrpflichtigen und Soldaten auf Zeit bzw. Berufssoldaten. Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist in Friedenszeiten der Bundesminister der Verteidigung (Art.65a GG); im Verteidigungsfall geht die Kommandogewalt auf den Bundeskanzler über (Art.115b GG).

Die Bundeswehr hatte bis zur Einleitung einer allgemeinen Truppenreduzierung im Zuge der Entspannungspolitik mit dem Osten nach der Auflösung des Warschauer Paktes in den neunziger Jahren eine Friedensstärke von rund 495 000 Soldaten (Heer: 345 000, Luftwaffe: 110 000, Marine: 40 000). Im Verteidigungsfall hätte sie durch Mobilisierung von 750 000 ständig in Bereitschaft stehenden Reservisten rasch auf 1,2 Millionen Mann aufgestockt werden können. Seit der Reduzierung in den neunziger Jahren beträgt die Truppenstärke in Friedenszeiten knapp 340 000 Mann (Heer: 233 000, Luftwaffe: 77 000, Marine: 27 000) und kann durch Mobilmachung auf rund 700 000 Mann verstärkt werden.

Die Bundeswehr ist eine konventionelle Streitmacht, die zwar über atomare Waffensysteme verfügt, deren dazugehörige Atomsprengköpfe sich aber unter der Kontrolle der USA befinden. Als Mitglied des Nordatlantikpaktes ist die Bundeswehr Teil einer gemeinsamen Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie für Westeuropa; ihre eigentliche Aufgabe besteht aber in der Behauptung des Territoriums und im Schutz der freiheitlichen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.

Alle Kampfverbände der Bundeswehr sind der NATO assigniert und im Ernstfall automatisch den NATO-Befehlshabern unterstellt, was für die in der europäischen Luftverteidigung eingesetzten Verbände bereits in Friedenszeiten gilt. Auf Wunsch der Alliierten und der damaligen Regierungskoalition wurde in den neunziger Jahren, gegen erhebliche politische Widerstände, der Weg für die Teilnahme der Bundeswehr an Friedensmissionen auch außerhalb des Bundesgebiets frei gemacht. Auslandseinsätze der Bundeswehr in Friedenszeiten sind nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 mit dem Grundgesetz vereinbar. Im Artikel 24 Abs. 2 GG heißt es hierzu: „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern." Voraussetzung für derartige Einsätze, unabhängig davon, ob es sich um „friedenserhaltende" (z. B. Blauhelmmissionen), „friedenssichernde" oder „friedensschaffende" Einsätze handelt, sind der Beschluss der Bundesregierung nur in Verbindung mit der Zustimmung des Bundestags (einfache Mehrheit). Die Zustimmung muss dabei vor dem Einsatz eingeholt werden.

Verfasst von:
Roland Detsch

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