Flaggenstreit

auch Flaggenfrage

Politische Auseinandersetzung in Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik um die Reichsflagge, die 1926 zum Sturz der Regierung von Reichskanzler Hans Luther durch ein Misstrauensvotum führte.

Seit der Einführung der schwarz-rot-goldenen Reichsflagge als Symbol der neuen Republik durch die Weimarer Verfassung 1919 suchten nationalistische Kräfte in allen möglichen Bereichen den Farben des Kaiserreiches, Schwarz-Weiß-Rot, Geltung zu verschaffen; die Auseinandersetzung um die Reichsflagge riss seit 1919 nicht mehr ab. Um den Konflikt zu entschärfen, erließ die Regierung Luther am 5. Mai 1926 eine Flaggenverordnung, wonach die deutschen Auslandsvertretungen, vor allem die in den europäischen Seehäfen und die in außereuropäischen Ländern, neben der schwarz-rot-goldenen Flagge der Republik auch die in der Tradition des Kaiserreiches stehende schwarz-weiß-rote Handelsflagge zu führen hätten. Zugleich sollte die scharz-weiß-rote Flagge der Marine durch eine Bugflagge in den Farben der Republik ergänzt werden.

In einem Brief an den Kanzler Luther hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg zuvor seinen innigsten Wunsch geäußert, „in absehbarer Zeit auf verfassungsmäßigem Wege einen versöhnenden Ausgleich" in der Flaggenfrage zu schaffen, der sowohl „dem gegenwärtigen Deutschland und seinen Zielen" entspreche und „zugleich dem Werdegang in der Geschichte des Reiches" Rechnung trage. Neben einer Reihe weiterer demokratischer Parteien war vor allem die SPD empört über diesen offensichtlichen Anschlag auf das Symbol der republikanischen Staatsform, den Luther mit den Worten verteidigte, damit sei endlich der für den schlichten Ausländer unbegreifliche Missstand beseitigt, dass deutsche Schiffe in den Häfen mit einer anderen Flagge begrüßt würden, als der, die sie selbst trügen. Nach dem Sturz der Regierung Luther setzte die neue Regierung unter Wilhelm Marx die Flaggenverordnung durch.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)