Frankfurter Reichsverfassung

auch Paulskirchenverfassung

Nach dem Tagungsort der Frankfurter Nationalversammlung benannte erste bis zur Vollendung gediehene Verfassung für einen deutschen Gesamtstaat vom 28. März 1849.

Da die Frankfurter Verfassungsväter nach der Märzrevolution die Sicherung der bürgerlichen Freiheitsrechte am vordringlichsten empfanden, wurde zum Auftakt das Gesetz betreffend die Grundrechte des Deutschen Volkes formuliert und am 27. Dezember 1848 in Kraft gesetzt. Sodann ging man – unter heftigen Auseinandersetzungen zwischen Großdeutschen und Kleindeutschen – an die Kodifizierung der Verfassung der zu errichtenden konstitutionellen Monarchie. Den Schwerpunkt der legislativen Gewalt legte man dabei auf das durch allgemeine, freie und gleiche Wahlen zu konstituierende Parlament, „Volkshaus" genannt. Als zweite Kammer des Reichstags war ein „Staatenhaus" vorgesehen, dessen Mitglieder je zur Hälfte von den Regierungen und den Volksvertretungen der Einzelstaaten benannt bzw. gewählt werden sollten. Trotz beträchtlicher Kompetenzen der Einzelstaaten sollte die eigentliche Staatsgewalt der Reichsregierung zukommen, die ausschließlich dem Parlament verantwortlich war. Als Staatsoberhaupt war ein erblicher „Kaiser der Deutschen" vorgesehen, dessen politische Entscheidungen der ministeriellen Gegenzeichnung bedurften und dem seinerseits lediglich noch ein aufschiebendes Veto gegenüber dem Reichstag zustand. Kaiser sollte der König von Preußen werden, das Staatsgebiet sollte das Territorium des Deutschen Bundes umfassen.

Gleichzeitig mit der Verabschiedung der Reichsverfassung wählte die Nationalversammlung König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum Kaiser. Der aber wies die Kaiserkrone wegen des „Ludergeruchs der Revolution", der ihr seiner Auffassung nach anhaftete, zurück; ebenso lehnten die meisten deutschen Staaten, allen voran Österreich und Preußen, die Verfassung ab und beriefen ihre Abgeordneten aus der Nationalversammlung zurück. Sowohl die Maiaufstände zur Verteidigung der Verfassung wie auch das von der Frankfurter Nationalversammlung übriggebliebene radikale „Rumpfparlament" wurden mit militärischer Gewalt unterdrückt.

Die Frankfurter Reichsverfassung war zwar gescheitert; ihre national­bürgerliche Konzeption – die Verbindung nationalstaatlicher, rechtsstaatlicher und demokratischer Elemente – und die ihr Entstehen begleitenden Debatten wirkten jedoch nachhaltig auf die nachfolgenden deutschen Verfassungen – von der Verfassung des Norddeutschen Bundes und des Kaiserreiches über die Weimarer Verfassung bis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)