Geldmenge

Auch als Zentralbank-Geldmenge bezeichnete Summe der monetären Zahlungsmitteln einer Volkswirtschaft, bestehend aus Bargeld (Banknoten und Münzen), Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank (Mindestreserve) und privatem Buchgeld (transferierbare Sichtguthaben); im spezielleren Sinne Bezeichnung für das unterschiedlich weit gefasste Geschäftsgeldvolumen, dessen Schwankungen der Zentralbank als Grundlage zur Bewertung ihrer Geldpolitik dient.

Die Quantitätstheorie des Monetarismus sieht in der Geldmenge und ihren Veränderungen in Relation zum Zuwachs des Bruttosozialprodukts die entscheidende Bestimmungsgröße des Wirtschaftsablaufs (Kausalitätshypothese). Wegen ihres Einflusses auf die Konjunktur und der Preisentwicklung (Inflation und Deflation), gilt die Zentralbank-Geldmenge als maßgebliche geldpolitische Steuerungsgröße zur Erreichung stabilitätspolitischer Ziele.

Gemäß der Geldmengentheorie, die einen „Transmissionsmechanismus“ der Geldmenge auf die Gesamtwirtschaft postuliert, dient eine Erhöhung der Geldmenge als probates Mittel zur (vorbeugenden) Bekämpfung der Rezession. Diese im Effekt zinssenkende Maßnahme soll Anleger zum Umstieg von Geldvermögens- in Sachvermögensanlagen animieren und Produzenten zu Investitionen anregen, was eine Erhöhung der Nachfrage und die Schaffung von Arbeitsplätze zur Folge hätte. Um Störungen oder Verunsicherungen des Wirtschaftsablaufs durch zu frühe, zu späte oder falsch dosierte diskretionäre Eingriffe der Zentralbaken auszuschließen, empfahl Milton Friedman eine gesetzlich festgelegte konstante Zuwachsrate der Geldmenge (Geldmengenregel), die am langfristigen realen Wachstumspotential der jeweiligen Volkswirtschaft und dem unvermeidbaren Preisniveauanstieg auszurichten sei (potentialorientierte Geldpolitik).

Zentralbanken greifen bei ihrer Geldpolitik zu unterschiedlichen Strategien. Zu den wichtigsten gehört neben der Inflations- und der Wechselkurssteuerung die Geldmengensteuerung, bei der durch Änderung der Schlüsselzinssätze Einfluss auf die Geschwindigkeit des Geldmengenwachstums genommen wird. Die Deutsche Bundesbank bediente sich seit 1975 einer Kombination aus trendorientierter Geldmengensteuerung und diskretionärer Geldpolitik. So verkündete sie einerseits alljährlich ein monetäres Wachstumsziel, das sich an der für möglich gehaltenen Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts und an der der Inflationsrate orientierte, verzichtete andererseits jedoch nicht auf den antizyklischen Einsatz geldpolitischer Instrumente im Rahmen der Mindestreserve-, Refinanzierungs-, Offenmarkt- und Einlagenpolitik:

Eine Erhöhung bzw. Senkung des pflichtgemäßen Mindestreservesatzes vermindert oder steigert die Liquidität und das Geldschöpfungspotential der Geschäftsbanken und damit ihre Fähigkeit, Kreditgeschäfte mit Nichtbanken abzuschließen. Die Mindestreservepolitik hat zudem indirekte Auswirkungen auf die Geldmarktzinsen

Um an zusätzliches Zentralbankgeld zu kommen, sind die Geschäftsbanken entweder auf den Verkauf von Handelswechseln (Rediskontierung) oder die Beleihung von Wertpapieren (Lombardierung) angewiesen. Indem die Zentralbank die Kosten für diese Formen der Refinanzierung erhöht bzw. senkt, sorgt sie für eine Verknappung oder Erhöhung der verfügbaren Zentralbank-Geldmenge.

Für Offenmarktgeschäfte zur Regelung des Geldmarktes eigenen sich vor allem Schatzwechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen, aber auch andere rediskontfähige Wechsel, öffentliche Anleihen sowie kurz- und längerfristige Papiere des privaten Sektors. So genannte „Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufvereinbarung“ ermöglichen es der Zentralbank, den Geschäftsbanken kurzfristig benötigtes Zentralbankgeld zur Verfügung zu stellen, das unmittelbar nach Abschluss des Geschäftes wieder abgeschöpft werden kann.

Bis zu ihrer Aufhebung im Zuge der Vorbereitung der Europäischen Währungsunion 1994 konnte die Bundesbank zudem zur Feinsteuerung des Geldmarktes die auf ihrem Girokonto stillgelegten Guthaben der öffentlichen Haushalte und die Sondervermögen des Bundes kurzfristig zur Anlage freigeben.

Seit Bestehen der Euro-Zone bestimmt Europäische Zentralbank (EZB) die Leitlinien der Geldmengenpolitik. Um Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Geldmenge (M) zu messen, unterscheidet sie drei mit Kürzeln bezeichnete Arten von Geldmengenaggregaten: M1 (Geldvolumen im engeren Sinne: zirkulierendes Bargeld und täglich fällige Sichteinlagen von Nichtbanken, das sind alle privaten und öffentlichen Kontoinhaber), M2 (Geldvolumen im weiteren Sinne: M1 einschließlich Termineinlagen mit Laufzeiten von bis zu zwei Jahren mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten), M3 (Geldvolumen im weitesten Sinne: M2 einschließlich Repogeschäfte, Geldmarktpapiere und Spareinlagen mit bis zu dreimonatiger Kündigungsfrist).

Der Rat der EZB gibt einen Referenzwert für das Wachstum des weit gefassten Geldmengenaggregats M3 vor, dessen Eigenschaften ein Indikator für die Stabilität der Geldnachfragebeziehungen sowie der Vorlaufeigenschaften der künftigen Preisentwicklung im Euro-Währungsgebiet ist. Er liegt seit 1999 bei 4,5 Prozent.

Verfasst von:
Roland Detsch

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