Haushofer, Albrecht

(1903-1945)

Deutscher Wissenschaftler, Diplomat und Schriftsteller; wandelte sich vom engen Vertrauensmann des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß und vom Mitarbeiter im nationalsozialistischen Regime zum Widerstandskämpfer.

Albrecht Haushofer wurde am 7. Januar 1903 als Sohn des Generals und Geostrategen Karl Haushofer in München geboren. Nach Studium und Promotion in Geographie 1924 unternahm er mehrere ausgedehnte Reisen in verschiedene Erdteile, ehe er 1928 zum Generalsekretär der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin berufen wurde und deren gleichnamige Zeitschrift herausgab.

Die freundschaftliche Verbundenheit seiner Familie mit dem führenden Nationalsozialisten Rudolf Heß bewahrte Haushofer im Dritten Reich trotz der jüdischen Abstammung seiner Mutter Martha, geborene Meyer-Doss, vor Benachteiligungen aus rassischen Gründen. Obwohl er als jüdischer Mischling zweiten Grades galt, konnte er nach seiner Habilitation ab 1933 unbehelligt an der Berliner Hochschule für Politik lehren und 1940 den Lehrstuhl für Politische Geographie an der Universität Berlin übernehmen.

Nebenbei war Haushofer als Mitarbeiter und Berater in der Informationsabteilung des Auswärtigen Amtes sowie der außenpolitischen Dienststelle Ribbentrop (siehe Joachim von Ribbentrop) tätig, für die er verschiedentlich in geheimer diplomatischer Mission im Ausland unterwegs war. Auf Wunsch von Rudolf Heß reiste er allein 14 Mal nach England, um eine Verständigung mit den Kreisen um Douglas Herzog von Hamilton zu vermitteln, die in der Deutschlandpolitik in Opposition zu Winston Churchill standen. Nach dem von Hitler als Verrat gedeuteten missglückten „Friedensflug” seines Stellvertreters Heß nach Schottland wurde Haushofer 1941 als mutmaßlicher Mitverschwörer vorübergehend verhaftet und anschließend unter Beobachtung der Gestapo gestellt.

Wachsende Zweifel am NS-Regime brachten Haushofer in der Folgezeit in Kontakt mit Widerstandskreisen. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde Haushofer auf der Flucht nach Bayern verhaftet; am 24. April 1945 wurde er von der SS durch Genickschuss ermordet. In seinem Nachlass fand man eine Sammlung von Gedichten, die er in seinen letzten Lebenswochen im Berliner Gefängnis Moabit zu Papier gebracht hatte. Sie künden von der Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit und Toleranz und wurden 1946 unter dem Titel Moabiter Sonette veröffentlicht. Schon in den dreißiger Jahren war Albrecht Haushofer gelegentlich als Schriftsteller in Erscheinung getreten. Zur kritischen Kommentierung des politischen Zeitgeschehens wählte er bevorzugt die Form des historischen Dramas wie in seiner Trilogie Scipio (1934), Sulla (1938) und Augustus (1938).

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)