Religiös motivierte Weltanschauung, derzufolge
die unendliche Vielfalt des Lebens allein das Ergebnis der Schöpfung
eines allmächtigen Gottes ist.
Der vor allem von christlichen
Fundamentalisten propagierte Kreationismus wendet sich gegen die
wissenschaftlich akzeptierte biologische Evolutionslehre
insbesondere über die Abstammung des Menschen durch geschlechtliche
Zuchtwahl, wie sie von Charles Darwin in seinem gleichnamigen Werk (The
Descent of Man and Selection in Relation to Sex) 1859 begründet
wurde. Die Kreationisten nehmen dagegen die Schilderung der Genesis
in der Bibel wörtlich und stilisieren den göttlichen Schöpfungsakt –
zunehmend wissenschaftlich verbrämt (Creation Science) – zum
zielgerichteten Intelligent Design. So bedienen sie sich etwa
noch immer unerklärlicher Phänomene in der Biologie, um die
evolutionäre Entwicklung der Kreatur in Frage zu stellen. Damit
sprechen sie der Evolutionslehre die wissenschaftliche Beweiskraft
ab und reduzieren sie auf den Status einer von mehreren
gleichberechtigten Theorien zur Erklärung der Natur, den sie vor
allem mit Blick auf den Schulunterricht auch für den Kreationismus
reklamieren.
Man unterscheidet zwischen den theistischen
Para-Evolutionisten, die die Lehre Darwins grundsätzlich anerkennen
und in Gott lediglich einen Lenker des Weltgeschehens sehen, und den
überwiegend fundamentalistischen Anti-Evolutionisten. Diese
eigentlichen Kreationisten gliederten sich ursprünglich in die
Anhänger der Gap Theory, die die Schöpfung des Menschen erst in
einem bereits fortgeschrittenen Erdzeitalter ansiedeln, vor dem
bereits Leben auf der Welt existierte, und die Verfechter der
Day-Age Theory, die die „Tage“ der Genesis durchaus als
Jahrmillionen interpretieren. Erst im 20. Jahrhundert sorgte George
McCready Price mit seiner Flood Theory für eine weitere Variante,
die die Schwierigkeiten mit der Altersbestimmung auf eine große Flut
(Sintflut) zurückführt.
Ideengeschichtlich steht der Kreationismus in
einer Tradition, die bis ins Altertum zurückreicht. Galt der
jüdischen Dogmatik die Schöpfungsgeschichte im
(alttestamentarischen) Pentateuch seit jeher als unbezweifelbare
göttliche Offenbarung des israelitischen Religionsstifters Moses,
postulierten auch Philosophen seit Aristoteles immer wieder einen
metaphysischen „Entwurf“ des Weltgeschehens. Ehe sich der
Kreationismus im Zuge der Missionsbestrebungen evangelikaler
Christen in jüngerer Zeit auch zunehmend im laizistisch geprägten
Europa breitzumachen begann, galt er lange als skurriler Auswuchs
des politisch einflussreichen protestantischen Sektierertums in den
USA. Dieses rekrutiert sich aus Nachfahren und Anhänger bibeltreuer
Christen, die im Zuge der Glaubenskriege nach der Reformationszeit
zur Auswanderung in die Neue Welt gezwungen waren. Während sich die
meisten Kirchen mit der wissenschaftlichen Anerkennung der
Evolutionslehre noch vor dem Ende des 19. Jahrhunderts abfanden,
gingen die betont antiintellektualistischen Fundamentalisten in
Opposition. Sie waren zu dieser Zeit vor allem im rückständigen
Süden der USA beheimatet, wo man sich als Weißer ohnehin schon
schwer tat, mit Menschen schwarzer Hautfarbe auf eine Stufe gestellt
zu werden, geschweige denn mit Affen.
Einen spektakulären Höhepunkt in der
erbitterten Auseinandersetzung zwischen Kreationisten und
Naturwissenschaftlern bildete dort 1925 der später unter dem Titel
Inherit the Wind in Hollywood verfilmte so genannte „Monkey-Trial“,
in dem Schimpansen als Kronzeugen gegen die solchermaßen
gebrandmarkte Darwinsche Irrlehre auftraten. Mit derartigen Mitteln
zog unter den Augen von Scharen sensationsgieriger Reporter aus
aller Welt der greise demokratische Ex-Präidentschaftskandidat und
ehemalige US-Außenminister William Jennings Bryan als
Anklagevertreter wenig überzeugend gegen den Biologielehrer John
Scope zu Felde, weil dieser unerschrocken gegen das Verbot der
Evolutionslehre an den Schulen Tennessees verstoßen hatte. Ein
Gesetz untersagte zu dieser Zeit, jedwede Theorie zu lehren, die die
göttliche Erschaffung, wie sie in der Bibel steht, leugnet und
behauptet, dass die Menschheit von einer niedrigeren Tierstufe
abstamme. Erst nach Aufhebung des Schuldspruches gegen Scope durch
das Oberste Gericht verzichteten mit Ausnahme von Arkansas und
Mississippi 13 von 15 US-Bundessstaaten auf geplante gesetzliche
Festschreibungen des Antidarwinismus im Schulunterricht. Noch in den
Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts gelang es religiösen Eiferern,
Gesetze zur ausgewogenen Behandlung („balanced treatment“) von
Creation Science und Evolution Science in den Lehrplänen von
Arkansas und Louisiana einzubringen, ehe diese 1987 vom Obersten
Gerichtshof der USA für verfassungswidrig erklärt wurden.