Multilaterales Investitionsabkommen

(Multilateral Agreement on Investment, Abkürzung MAI)

Initiative der OECD zur Festsetzung eines Kodex, der die Gleichbehandlung ausländischer und inländischer Direktinvestoren vorsieht; die seit 1995 unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefundenen Verhandlungen über das Abkommen wurden aufgrund erheblicher Widerstände seitens der Globalisierungsgegner und zahlreicher Nichtregierungsorganisationen (NGOs) 1997 zunächst ausgesetzt und im Dezember 1998 auf Betreiben Frankreichs eingestellt.

Das MAI wurde 1995 von 29 Industriestaaten der OECD auf die Agenda gehoben. Es sah vor, Auslandsinvestitionen nach dem Prinzip der „Inländerbehandlung” zu regeln, um so Unternehmen vor Behördenwillkür bei der Genehmigungspraxis und vor Enteignung zu schützen. Meistbegünstigungsklauseln, Auflagen zur Beschäftigung einheimischer Arbeitnehmer, zum Technologietransfer, zu Mindestquoten beim Im- oder Export und Local-Content-Regeln sollten verboten, wirtschaftliches Engagement der Staaten oder anderer bürgerlichen Interessenvertretungen ausgeschlossen werden. Die Nationalstaaten sollten für Vermögensschäden und Mindererträge haftbar gemacht werden, die den Investoren durch öffentliche Proteste und Unruhen oder infolge nationaler Sonderbestimmungen, Gesetze und Verordnungen entstehen, wobei unter anderem Umwelt- und Sozialabgaben als entschädigungspflichtige Enteignungen klassifiziert wurden. Im Gegensatz zu anderen Freihandelsabkommen sah der Entwurf ein Klagerecht gegen Nationalstaaten vor, die „Geschäftstätigkeit, Management, Wartung, Nutzung, Genuss oder Veräußerung der Investitionen“ ausländischer Konzerne „in ihrem Territorium“ beeinträchtigen.

Kernpunkte des Abkommens wie diese stießen weltweit auf massive Vorbehalte. Kritiker befürchteten eine beträchtliche Ausweitung des Einflusses transnationaler Konzerne auf die Gesetzgebung und Investitionspolitik ihrer Gastländer und warnten vor verfassungsrechtliche mehr als bedenklichen Einschnitten in das Arbeits-, Tarif-, Umweltschutz- und Steuerrecht. NGOs vermissten eine Berücksichtigung der Interessen mittelständischer Unternehmen ebenso wie von Entwicklungsländern. Die Verhandlungen gerieten in eine Sackgasse, als die USA an ihrer rigiden Sanktionsgesetzgebung festhalten wollte und die EU danach trachtete, Sonderregelungen für den europäischen Binnenmarkt durchzusetzen .

Trotz des offiziellen Scheiterns fanden eine Reihe von Ideen des Multilateralen Investitionsabkommens inzwischen Eingang in die Regelwerke der großen Wirtschaftsgemeinschaften, so zum Bespiel auch in den Entwurf der EU-Verfassung.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)