Marktwirtschaft

Wirtschaftsordnung, in der sich der Austausch von Gütern und Dienstleistungen auf der Grundlage arbeitsteiliger Produktion ohne staatliche Eingriffe selbstregulierend im freien Wettbewerb nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage vollzieht.

Im Gegensatz zur Planwirtschaft (Verwaltungswirtschaft) werden in der Marktwirtschaft zur Überwindung von Knappheiten an Gütern und Dienstleistungen individuelle Lösungen angestrebt. Idealerweise erfolgt dies auf dem „freien Markt“ unter den Bedingungen „vollkommener Konkurrenz“. Unter dieser Voraussetzung schlagen sich Knappheiten, die das Resultat individueller Bedürfnisse sind, in Preisen nieder, die die Angebots- und Nachfrageströme regulieren. Insofern können Preise auf dem „freien Markt“ als objektive Knappheitsmesser betrachtet werden, die als Indikatoren Veränderungen des Sättigungsgrades an Gütern und Dienstleistungen anzeigen. In der Marktwirtschaft herrscht hinsichtlich Konsum und Produktion Wahlfreiheit. Haushalte und Unternehmen nutzen die Informationen, die ihnen die Preise und ihre Relationen über die aktuellen oder zu erwartende Marktlagen liefern, als Entscheidungshilfe bei ihrer selbstständigen Planung von Produktion und Verbrauch bzw. Absatz und Beschaffung. Dabei ist die Marktwirtschaft auf das engste mit den rechtsstaatlichen Prinzipien der Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit und des Privateigentums verbunden.

Verfechter des Wirtschaftsliberalismus sehen die individuelle Freiheit des Menschen einzig und allein unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz auf den freien Märkten gewährleistet. Sie preisen die Entfaltung der spontanen Kräfte und die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung durch eine ungehinderte Verfolgung der Eigeninteressen sowie die Chance, den größtmöglichen Nutzen aus dem eigenen Handeln zu ziehen. Der Begründer der klassischen Nationalökonomie, Adam Smith, wollte die Marktwirtschaft zum konstituierenden Ordnungsprinzip des menschlichen Lebens erheben. In seinem 1776 erschienenen Werk über den Wohlstand der Nationen (An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations) erklärte er Eigennutz, Gewinnstreben, Privateigentum und Konkurrenz zu unabdingbaren Voraussetzungen für die allgemeine Wohlfahrt einer Gesellschaft. Er propagierte den uneingeschränkten „Freihandel“, verbat sich Einflussnahmen des Staates auf das Wirtschaftsgeschehen und baute ganz auf die regulative Kraft der „unsichtbaren Hand“ des Wettbewerbs.

Wohin das „freie Spiels der Kräfte“ in Wirklichkeit führt, zeigte sich spätestens in der Frühphase der Industrialisierung. Ein entfesselter Turbokapitalismus führte zu tiefgreifenden sozialen Verwerfungen und Tendenzen zur Monopolisierung der Märkte, die den Fortbestand der marktwirtschaftlichen Ordnung ernsthaft gefährdeten. Abhilfe versprachen alternative Konzepte einer „gelenkten Marktwirtschaft“, die dem Staat mehr oder minder weitreichende korrektive Eingriffe zugesteht, um unerwünschte Auswüchse des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu mindern oder zu verhindern .

Als Erfolgsmodell erwies sich dabei vor allem die „soziale Marktwirtschaft“, die es in Deutschland sogar zu Verfassungsrang gebracht hat. Sie verpflichtet den Staat, die Sozialverträglichkeit des Kapitalismus sicherzustellen und ist ansonsten ganz geprägt vom Gedankengut des Ordoliberalismus. Dessen Hauptvertreter Walter Eucken betrachtete die politische Ordnung eines Staates letztlich als Ausdruck der vorherrschenden Wirtschaftsordnung. Da er Freiheit ohne freie wirtschaftliche Betätigung als undenkbar erachtete, kam für ihn ausschließlich eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsverfassung auf der Basis der vollkommen Konkurrenz in Betracht. Sie durchzusetzen und vor Bestrebungen zur Monopolisierung, Zentralisierung und Bürokratisierung zu schützen machte Eucken einer gemeinwohlorientierten Politik zur obersten Pflicht.

In Reinform kommt die Marktwirtschaft ebenso wenig vor wie die Planwirtschaft. Realiter liegt in allen Fällen ein Mix aus Elementen beider Wirtschaftsverfassungen vor. Je ausgeprägter die staatlichen Einflussnahmen auf Produktion und Preisbildung (Interventionismus, Dirigismus, Globalsteuerung), desto mehr tendiert eine Wirtschaftsordnung von der Marktwirtschaft zur Planwirtschaft.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)