Gegen
den doktrinär-radikalen Leninismus gerichtete reformerische
Strömung innerhalb des Marxismus, die durch Modifizierung der
Lehren von Karl Marx und einer entsprechenden wirtschafts- und
sozialpolitischen Programmatik den geänderten sozioökonomischen
Verhältnissen entwickelter kapitalistischer Gesellschaften Rechnung
tragen wollte.
Prominenteste
frühe Vertreter des Neomarxismus, der sich nach dem
Ersten Weltkrieg parallel zum orthodoxen Marxismus Karl Kautskys
und dem evolutionären Revisionismus der Sozialdemokratie (Eduard
Bernstein und andere) entwickelte, waren der ungarische Philosoph
Georg Lukács und die Austromarxisten (Rudolf Hilferding, Otto
Bauer, Max Adler, Karl Renner und andere). Lukács entwickelte in
seinem Werk Geschichte und Klassenbewußtsein, das im Jahre 1923
erschien, die Marx’sche
Entfremdungstheorie weiter, wobei er das revolutionäre
Klassenbewusstsein des Proletariats als Abwehrreaktion auf die
"Verwarung" (von Ware) der Gesellschaft und die "Verdinglichung" selbst
der zwischenmenschlichen Beziehungen unter den Bedingungen einer
kapitalistischen Produktionsweise interpretierte.
Zu den
Neomarxisten zählen auch die Philosophen und Epigonen der
Frankfurter Schule (Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert
Marcuse und andere), die der technisch-zweckrationalen Ideologie des
Sowjetkommunismus nichts abgewinnen konnten und den real
existierenden Sozialismus von ähnlichen Widersprüchen
gekennzeichnet sahen wie die kapitalistischen Gesellschaften.
Während und nach der Studentenbewegung der Sechzigerjahre des 20.
Jahrhunderts erlebte der Marxismus im Gefolge der
Außerparlamentarischen Opposition eine
Renaissance in der Bundesrepublik Deutschland, was sich auch in der Neugründung
zahlreicher kommunistisch orientierter Gruppierungen äußerte.