Neues Ökonomisches System
(NÖS)
(eigentlich
Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft)

Breit angelegtes Programm zur Wirtschaftsreform in der Deutschen Demokratischen Republik ab 1963.

Hintergrund des NÖS, das 1967 in eine zweite Etappe mündete, die als Ökonomisches System des Sozialismus (ÖSS) bezeichnet wurde, war eine ernste Wirtschaftskrise zu Beginn der sechziger Jahre, die sich in drastisch zurückgehenden Wachstumsraten bemerkbar machte und nach nur drei Jahren Laufzeit eine Korrektur des Siebenjahresplans (1959-1965) nach unten erforderlich machte. Als Ursache der Krise wurde mangelnde Rationalisierungs- und Innovationsbereitschaft der zentralgelenkten Betriebe ausgemacht.

Auf dem VI. Parteitag der SED erfolgte daraufhin der Beschluss zur Abkehr von der rigiden Planwirtschaft und zur Einführung des NÖS, das eine Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse in die Betriebe vorsah und Aspekte wie Wettbewerb, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Gewinn betonte. Durch diese marktwirtschaftlichen Elemente hoffte man, das Wachstum zu erhöhen und die Konsummöglichkeiten der Bevölkerung zu verbessern. In der Folge bekame nur noch eine ausgewählte Anzahl von Betrieben in Schlüssel- und Wachstumsbranchen quantitative und qualitative Planvorgaben, während in den übrigen Wirtschaftsbereichen die Produktions-, Investitions-, Absatz- und Beschaffungsplanung den Volkseigenen Betrieben (VEB) weitgehend selbst überlassen blieb. Zur Lenkung des Wirtschaftsgeschehens bediente man sich indirekter „ökonomischer Hebel" (Preisvorgaben, Festlegung von Steuer- und Abschreibungssätzen etc.) sowie Leistungsanreizen (Prämien, Leistungslöhne, Lohnzuschläge etc.) für die Beschäftigten.

Nachdem die DDR Mitte der sechziger Jahre eine Reihe langfristiger Handels- und Lieferverträge mit der UdSSR sowie anderen Staaten des Ostblocks und der Dritten Welt abgeschlossen hatte, sah die Staatsführung die Notwendigkeit einer Rückkehr zu einer „detaillierteren Planung". Tatsächlich hatten sich wohl die marktwirtschaftlichen Elemente als Sand im Getriebe der Planwirtschaft ausgewirkt und zu einem ausgeprägten „Betriebsegoismus" geführt. 1967/68 nahm die Staatsführung eine Kurskorrektur zum Ökonomischen System des Sozialismus (ÖSS) vor und leitete damit die Rückkehr zur zentralen Steuerung von Planung und Produktion ein.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)