Österreichischer
Gewerkschaftsbund
(ÖGB)

Überparteilicher und branchenübergreifender Spitzenverband von 13 unabhängigen Einzelgewerkschaften in Österreich mit insgesamt über 1,5 Millionen Mitgliedern und Sitz in Wien. Der ÖGB wurde am 15. April 1945 gegründet und bildet die erste einheitlich organisierte Interessenvertretung der lohnabhängigen Arbeiter, Angestellten und Beamten in der Geschichte Österreichs.

Das Kaiserreich Österreich und die Erste Republik waren geprägt von einer Vielzahl so genannter Richtungsgewerkschaften mit mehr oder minder hoher Gebundenheit an politische Parteien und sonstige Interessengruppen. Neben den ab 1928 im Bund freier Gewerkschaften zusammengeschlossenen Organisationen der sozialistischen Arbeiterbewegung existierten die der Roten Gewerkschaftsinternationale verpflichteten kommunistischen Gewerkschaften, die der Christlichsozialen Partei (CP) oder den Deutschnationalen nahe stehenden „christlichen” bzw. „nationalen” Gewerkschaften und nicht zuletzt die von der Unternehmerschaft getragenen „unabhängigen” Gewerkschaften, die von ihren Gegnern als „gelbe” Gewerkschaften abqualifiziert wurden. Nachdem bereits 1934 die freien Gewerkschaften von der Regierung Dollfuß verboten worden waren, zerschlugen die Nationalsozialisten nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 die restlichen Arbeiterorganisationen und fassten ihre Mitglieder in der Deutschen Arbeitsfront zusammen.

Der ÖGB und in der Folge die Gründung seiner nach Branchen gegliederten Teilgewerkschaften gehen auf eine gemeinsame Initiative ehemaliger sozialistischer, kommunistischer und christlichsozialer Gewerkschafter zurück. Wichtigste Aufgabe des ÖGB ist die Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft beim Abschluss von Kollektivverträgen, bei der Durchsetzung sozialer Forderungen, der Sicherung von Arbeitsplätzen und Reallöhnen, bei der Humanisierung der Arbeitswelt und durch Initiativen für rechtliche Regelungen. Der ÖGB nimmt die überbetriebliche Mitbestimmung in der Paritätischen Kommission wahr und ist im Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen, im Verbändekomitee und in vielen andern Gremien vertreten. Der ÖGB unterhält Einrichtungen für Bildung und Kultur, zur Freizeitgestaltung und Erholung, zur Gruppenbetreuung sowie eine Solidaritätsversicherung.

Oberstes Organ des ÖGB ist der alle vier Jahre tagende Bundeskongress, der die programmatische Linie festlegt und das mit exekutiven Vollmachten für die laufende Verbandstätigkeit ausgestattete Präsidium wählt. Auf Ebene der Bundesländer ist der ÖGB mit acht Landesexekutiven präsent, die für die Unterstützung und Koordination der Bezirkssekretariate und der Einzelgewerkschaften zuständig sind.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)