Politik

(von griechisch polis: Stadtstaat; politikos: Gemeinschaft, Öffentlichkeit)

Auf die Gestaltung des privaten und öffentlichen Lebens sowie die Durchsetzung von Interessen gerichtetes Handeln von Einzelpersonen und Gruppen; im engeren Sinne die Gesamtheit der Anstrengungen, um der Gesellschaft eines staatlichen Gemeinwesens ein gutes Leben in Sicherheit und Wohlstand zu ermöglichen (Staatskunst, Staatstätigkeit).

Gegenstand der Politik sind Fragen, die von allgemeinem, öffentlichem Interesse sind. Zu den wichtigsten Aufgaben der Politik gehören nach modernem Staatsverständnis die Sicherung des Friedens nach innen und außen, die Bewahrung der Grund- und Freiheitsrechte sowie die Herstellung sozialer Gerechtigkeit und einer angemessenen Beteiligung aller an der gemeinsamen Wohlfahrt. Die Funktion von Politik besteht in der kollektiv verbindlichen Festlegung und Umsetzung von Normen, die diesen Zielen dienlich sind. Politisch handelt demzufolge, wer auf entsprechende Entscheidungen Einfluss nimmt.

In diesem Lichte ist Politik zugleich: das „Streben nach Machtanteil oder nach Beeinflussung der Machtverteilung, sei es innerhalb eines Staates oder zwischen den Menschengruppen, die er umschließt“ (Max Weber, 1919) sowie „gesellschaftliches Handeln, (…) welches darauf gerichtet ist, gesellschaftliche Konflikte über Werte verbindlich zu regeln“ (Gerhard Lehmbruch, 1968). Was die politische Praxis anbelangt, so ist nach einer Definition des Soziologen Niklas Luhmann Politik der „Komplex sozialer Prozesse, die speziell dazu dienen, das Akzept administrativer (Sach-)Entscheidungen zu gewährleisten. Politik soll verantworten, legitimieren und die erforderliche Machtbasis für die Durchsetzung der sachlichen Verwaltungsentscheidungen liefern.“

Anthropologische Prämissen

Bereits Aristoteles in der Antike und Thomas von Aquin im Mittelalter betrachteten den Menschen als „Zoon politikon“ bzw. „Animal sociale sive politicum“, als soziales und politisches Wesen also, das zur Fristung und Gestaltung seines Daseins der politischen Praxis und Ordnung bedürfe. Zur Legitimierung staatlicher Macht gehen die Vertreter der neuzeitlichen Naturrechtslehren von Thomas Hobbes bis Jean Jacques Rousseau stets von einem menschlichen Naturzustand unter dem archaischen Gesetz des Stärkeren (Krieg Jeder gegen Jeden) aus. Dies zu überwinden sei nur mit Hilfe eines Gesellschafts- oder Herrschaftsvertrages zur Begründung verfasster Gemeinwesen möglich gewesen. Oberste Aufgabe des Staates ist es folglich, gestützt auf Recht, Macht und Gewaltmonopol für die Sicherheit der Bürger zu garantieren, einen gewaltfreien Interessenausgleich herzustellen und für die Verwirklichung des Gemeinwohls zu sorgen. Dies geschieht mit den Mitteln der Politik.

Politik im demokratischen Verfassungsstaat

Bezog sich Politik ursprünglich auf den räumlich und sachlich eng begrenzten Raum der antiken oder spätmittelalterlichen Kommune, in der sie das Privileg freier Bürger war, so differenzierte sie sich im Verlauf der Geschichte immer weiter aus. Im modernen Industriestaat ist nahezu jeder Aspekt des Lebens zum Objekt politischer Gestaltung geworden. Im Idealfall vollzieht sich diese seit der europäischen Aufklärung im institutionellen Rahmen eines demokratischen Rechts- und Verfassungsstaates. Dieser impliziert neben der Teilung staatlicher Gewalt und der Gleichheit vor dem Gesetz vor allem eine pluralistische Gesellschaftsordnung, die allen Bürgern die Möglichkeit zur Partizipation an den politischen Entscheidungsprozessen eröffnet: aktiv in der Rolle als Politiker und/oder passiv als Wähler politischer Repräsentanten. In jedem Fall ist nach diesem Modell die politische Willensbildung das Ergebnis einer öffentlichen Diskussion über die Inhalte von Politik.

Norm und Praxis

Politik hat mit Werten und Zielen zu tun, ist eine Form sozialen Handelns und rückt den Staat in den Blickpunkt. Bei der Diskussion und Lösung der meisten konkreten politischen Fragen empfiehlt sich eine permanente kritische Reflexion über Menschen- und Gesellschaftsbilder in Gegenwart und Vergangenheit. Von konstitutiver Bedeutung für die Grundlegung der Politik erachtet der Politikwissenschaftler Theo Stammen dabei die philosophische Anthropologie. Indem sie empirisches Material aus allen Epochen und Kulturen bereitstellt, macht sie es möglich, über den Tellerrand der Gegenwart hinauszublicken und das Problembewusstsein für die normativen anthropologischen Prämissen zu schärfen, an denen sich die Politik als besonders wichtiger Lebens- und Erfahrungsbereich der Menschen zu orientieren habe.

Diese Prämissen hätten im Prozess der Politikgestaltung und -durchführung (policy-making-process) die wichtige Funktion, aus verschiedenen technisch möglichen Entscheidungsalternativen diejenigen auszuwählen, die in der konkreten Gesellschaft auch aufgrund des vorherrschenden Wertgefühls als akzeptabel und konsensfähig anerkannt sind.

Wissenschaftliche Politikbegriffe

Die Politikwissenschaft befleißigt sich eines heute weitgehend akzeptierten dreidimensionalen Politikbegriffs. In Ermangelung präziser deutscher Übersetzungen unterscheidet man zwischen „Policies“ als Bezeichnung für die verschiedenen Politikfelder (inhaltliche Dimension der Politischen), „Politics“ für die Dynamik der konkurrierenden politischen Willens- und Entscheidungsprozesse (prozessuale Dimension des Politischen) und „Polity“ für die unterschiedlichen politischen Institutionengefüge mit ihren normativen Regelsystemen (formale Dimension des Politischen). Diese Dimensionen sind in der politischen Praxis aufgrund ihrer Wechselwirkung nicht strikt voneinander zu trennen.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)