Renner, Karl

 (1870-1950)

 

Österreichischer Politiker (SPÖ), Bundespräsident von Österreich (1945-1950).

Der am 14. Dezember 1870 im südmährischen Untertannowitz (Dolni Dunajovice) geborene Renner arbeitete zunächst als Parlamentsbibliothekar in Wien. Nachdem er sich den Sozialdemokraten angeschlossen hatte, entwickelte er sich neben Rudolf Hilferding und Otto Bauer zu einem Vertreter des Austromarxismus, eines an den österreichischen Vielvölkerstaat angepassten Konzepts für einen evolutionären Weg zum Sozialismus. Karl Renner setzte sich für eine Umgestaltung der österreichisch-ungarischen Monarchie im Sinn des Föderalismus ein.

Ab 1907 war Karl Renner für die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) Abgeordneter im Reichstag, nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie von 1918 bis 1920 Regierungschef und 1919/20 Staatssekretär des Äußeren. Er gehörte der Delegation an, die nach dem Ersten Weltkrieg 1919 den Friedensvertrag von Saint-Germain-en-Laye aushandelte. Durch eine provisorische Verfassung, das Habsburger-Gesetz und eine weit reichende Sozialgesetzgebung schuf die Regierung Renner die verfassungsmäßigen Grundlagen für die Erste Republik Österreich. Von 1920 bis 1934 war Karl Renner Mitglied des Nationalrates und von 1931 bis 1933 dessen Präsident. Nachdem der gleichermaßen mit dem italienischen Faschismus und dem Katholizismus sympathisierende Bundeskanzler Engelbert Dollfuß 1934 den Nationalrat ausgeschaltet hatte, wurde Renner inhaftiert. 1938 trat er für den Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich ein. Im April 1945 bildete er eine Übergangsregierung, die die Republik Österreich wieder herstellte, und wurde im Dezember des gleichen Jahres zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik gewählt. Karl Renner starb am 31. Dezember 1950 in Wien.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)