Armee XXI
Der von 2008 bis 2011 ins Auge gefasste Umbau
der Streitkräfte im Rahmen des Reformprojektes „Armee XXI“ sieht bei
gleich beliebender Mannschaftsstärke eine Neuaufteilung und
Verlagerung von den mechanisierten Kampftruppen auf die
infanteristischen Sicherungskräfte vor. Panzer-, Panzergrenadier-,
Panzersappeur-Bataillone und Artillerieabteilungen sollen zu
Infanteriebataillonen umgeschult und primär zum Schutz wichtiger
Transitachsen und Grenzabschnitte eingesetzt werden. Während die
mechanisierten Kampfverbände um die Hälfte auf 18 500 Aktive
reduziert werden, sollen künftig 33 000 Mann für die Raumsicherung
zuständig sein. 85 500 Soldaten übernehmen Aufgaben im gesamten
Einsatzspektrum der Armee. Die Kapazitäten für die Friedensförderung
sollen auf 500 Armeeangehörige verdoppelt werden.
In Friedenszeiten verfügt die Schweizer Armee
über keine hierarchische Spitze. Erst im Verteidigungsfall wählt die
Bundesversammlung einen kommandierenden General für das
Truppenaufgebot. Über den Einsatz befindet im Kriegsfall als oberste
leitende und vollziehende Gewalt der Bundesrat.
Bewaffnete Neutralität
Geschichte und Selbstverständnis der Schweizer
Armee ist eng mit dem Anspruch der Alpenrepublik auf „bewaffnete
Neutralität“ verbunden. Diese resultiert aus einer Verpflichtung zur
außenpolitischen Zurückhaltung, die in das Jahr 1515 datiert, als
die Schweiz nach der Niederlage ihres Heeres in der Schlacht von
Marignano ihren Großmachtambitionen abschwor. Bis dato pflegte sie
eine frühe Form der allgemeinen Wehrpflicht, die es möglich machte,
innerhalb von kürzester Zeit die damals beachtliche Zahl von 50 000
bis 60 000 Soldaten aufzubieten. Die wehrhaften Schweizer standen
traditionell in dem Ruf, besonders tapfere Krieger zu sein und waren
Jahrhunderte lang als Kombattanten in den Söldnerheeren Europas
außerordentlich geschätzt (siehe Schweizergarde).
Der Wille zur Behauptung der Neutralität war
es, der die Kantone vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges
dazu brachte, sich 1647 in Wil auf die Formierung eines gemeinsamen
Bundesheeres zu verständigen. Doch erst nach der Beteiligung an den
Befreiungskriegen gegen die napoleonische Besatzungsmacht in Europa
beendete die Schweiz ihr militärisches Engagement außerhalb der
Landesgrenzen. Zu Mobilmachungen gegen äußere Feinde kam es seither
nur noch 1856 gegen Preußen, 1870 als Reaktion auf französische und
preußische Militärmanöver an der Schweizer Grenze sowie 1914 und
1939 zur Vorbeugung gegen drohende Verletzungen der Neutralität.
Aktive Neutralität
Der Entschluss zur Entsendung militärischer
Bobachter an die Waffenstillstandslinien in Korea 1953 markierte den
Auftakt der so genannten „aktiven Neutralität“ der Schweiz, die sich
bis heute an friedensfördernden Missionen in allen Teilen der Welt
beteiligt. Es dauerte allerdings noch weitere 40 Jahre, ehe sich die
Eidgenossenschaft angesichts veränderter weltpolitischer
Rahmenbedingungen zum Ausbau der internationalen Kooperation in der
Außen- und Sicherheitspolitik bereit zeigte und trotz aller
Neutralitätsbekundungen auch eine grenzüberschreitende
Zusammenarbeit bei der Vorbereitung militärischer Abwehrmaßnahmen
nicht mehr ausschloss. Obwohl ein Betritt zum Nordatlantikpakt
niemals in Frage kam, beteiligt sich die Schweiz seit 1996 an der
von der NATO initiierten Partnerschaft für den Frieden (Partnership
for Peace, PfP) mit der Rechtfertigung, dass diese keinerlei
Verpflichtung zum militärischen Beistand im Konfliktfall
voraussetzt.
Stimmten die Schweizer in einem Referendum
1994 noch mehrheitlich gegen die so genannte Blauhelmeinsätze im
Rahmen von UN-Friedensmissionen, so billigten sie im Jahr vor dem
Beitritt der Alpenrepublik zu den Vereinten Nationen 2001 eine
Teilrevision ihres Militärgesetzes, die u. a. die Teilnahme an
friedensunterstützenden (nicht friedenserzwingenden) Operationen im
Rahmen der UNO und OSZE regelt und die Bewaffnung der
schweizerischen Friedenstruppen zum Selbstschutz im Ausland
ermöglicht. Die Vollmitgliedschaft der Schweiz in der UNO erfolgte
zwar mit der Maßgabe, dass sie vom Sicherheitsrat beschlossene
militärische Sanktionen nicht behindern darf, aber auch mit dem
Zugeständnis, das es in ihrem eigenen Ermessen steht, ob und
inwieweit sie Mittel und Truppen für humanitäre und militärische
Missionen zur Verfügung zu stellen bereit ist. Nach herrschendem
Schweizer Neutralitätsverständnis ist eine militärische
Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern möglich, solange daraus
keine Beistandsverpflichtung für den Kriegsfall erwächst.