Spieltheorie
(Wirtschaft)

Experimentelle Wirtschaftswissenschaft, die herausfinden will, nach welchen Kriterien Menschen bei einem vorgegebenen System fester Regeln auf dem Markt Entscheidungen treffen.

Die Spieltheorie wurde in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts von den Mathematikern John von Neumann und Oskar Morgenstern begründet. Sie will das Verhalten rationaler Spieler, die nur logisch denken und ihr Gefühl in einer Entscheidungssituation ausklammern, mathematisch analysieren, Strategien für Entscheidungen entwickeln und genaue Handlungsanweisungen in Konfliktsituationen geben. In ihrem Werk Theory of Games and Economic Behaviour (1944) belegten John von Neumann und Oskar Morgenstern, wie bedeutend die Spieltheorie für die Behandlung wirtschaftlicher Probleme ist.

Die „Theorie der strategischen Spiele“ geht davon aus, dass auch die Wirtschaft nichts anderes als ein Spiel ist und zwar eines von der Sorte, bei denen es nicht nur auf Glück sondern auch auf Taktik und Kalkül ankommt wie Schach, Go oder auch Poker. Es gibt gewissen Regeln des Marktes, an die sich alle halten müssen, und Konkurrenten, die alle versuchen, ihren Gewinn zu maximieren und sich dabei Gedanken über die Aktionen ihrer „Mitspieler“ machen müssen, um optimal reagieren zu können.

Um Schlüsse aus der Realität ziehen zu können, werden in der Spieltheorie üblicherweise die wichtigen Parameter einer Entscheidungssituation in ein einfaches Spiel übertragen, das die Realität modellhaft abbilden soll. Wobei zu unterscheiden ist zwischen einerseits „nicht-kooperativen Spielen“, bei denen sich die Spieler aus einer konträren Interessenlage heraus in Gegnerschaft gegenüber stehen, und „kooperativen Spielen“, bei denen es zur Optimierung gemeinsamer Interessen auf Teamfähigkeit ankommt. Dabei werden in der wirtschaftswissenschaftlichen Variante auch Motivationen berücksichtigt, die die klassische Ökonomie völlig ausblendet. Denn die Erfahrung lehrt, dass Menschen, wenn sie Geschäfte machen, nicht nur mit kühlem Kopf entscheiden, sondern sich von irrationalen Gefühlen wie Neid, Gewinnsucht und Statusangst ebenso leiten lassen wie von Fairness oder Gerechtigkeit.

Der amerikanische Mathematiker John F. Nash beschreibt eine ideale Spielsituation, in der es sich für keinen Marktteilnehmer lohnt, seine Strategie zu ändern – für den Händler nicht, die Preise zu erhöhen, und für den Kunden nicht, den Anbieter zu wechseln („Nash-Gleichgewicht“). Für seine aufschlussreiche Übertragung der Spieltheorie auf den Handel erhielt er 1994 zusammen mit seinem Landsmann John Harsanyi und dem Deutschen Reinhard Selten den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. 2005 ging der Preis abermals an zwei führende Vertreter der Spieltheorie innerhalb der Ökonomie. Der Amerikaner Thomas C. Schelling und der in Frankfurt geborene Israeli Robert J. Aumann wurden für ihre Forschungsarbeiten über Konflikt und Kooperation ausgezeichnet, mit denen sie der Spieltheorie in den Wirtschaftswissenschaften zum Durchbruch verhalfen. Sie hätten damit zum besseren Verständnis von wirtschaftlichen Konflikten wie etwa Preis- oder Handelskriegen beigetragen oder auch, warum bestimmte Gemeinschaften erfolgreicher allgemein zur Verfügung stehende Ressourcen verwalten als andere, hieß es in der Begründung der Jury.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)