Von dieser Provokation herausgefordert,
reagierten die Herrscher der Heiligen Allianz zunächst mit
polizeistaatlichen Mitteln gegen die Studenten, ehe sie die
Ermordung des Dramatikers und Spions August von Kotzebue durch den
Theologiestudenten Karl Sand am 23. März 1819 zum Anlass nahmen, die
Burschenschaften zu zerschlagen und die führenden Köpfe der
national-liberalen Studentenbewegung zu verfolgen. Grundlage waren
die vom Bundestag am 20. September 1819 verabschiedeten Karlsbader
Beschlüsse, die darüber hinaus die Einsetzung außerordentlicher
Beamter an den Universitäten vorsahen, die als Spitzel die
Staatstreue der Dozenten und Studenten zu überwachen hatten.
Hambacher Fest und Göttinger Sieben
Erst die Julirevolution 1830 in Frankreich
verhalf der studentisch geführten national-demokratischen
Einheitsbewegung zu einer Neubelebung. Zum Zentrum des politischen
Radikalismus innerhalb der Intelligenz entwickelte sich in der
Folgezeit wegen der Ferne der in München ansässigen Zentralgewalt
und der Nähe zu Frankreich, das politischen Flüchtlingen
Unterschlupf gewährte, die damals zu Bayern gehörige Rheinpfalz. Sie
wurde auch vom 27. bis 30. Mai 1832 zum Schauplatz des Hambacher
Festes, auf dem rund 30 000 Menschen aus allen sozialen Schichten
unter den Farben der Burschenschaftsbewegung die „deutsche Einheit“,
die „vereinigten Freistaaten Deutschlands“ und ein „konföderiertes
republikanisches Europa“ beschworen. Eine weitere spektakuläre
Aktion der Studentenbewegung war ein Putschversuch im Jahr darauf.
Um eine gesamtdeutsche Revolution anzuzetteln, plante eine Gruppe
von Studenten, Dozenten und Handwerksgesellen, den Bundestag zu
stürmen, die Delegierten als Geiseln zu nehmen, die Republik
ausrufen und das Volk zu bewaffnen. Doch ihr Vorhaben scheiterte
mangels Unterstützung bereits beim Sturm auf die Frankfurter
Hauptwache am 3. April 1833 und zog eine neue Welle staatlicher
Repression nach sich.
Doch dies beförderte nur die Sympathie für die
Ziele und den Widerstand der Studentenbewegung. Beleg dafür sind
beispielsweise die Göttinger Sieben, eine Gruppe von
Universitätsprofessoren, die am 18. November 1837 gegen die
Aufhebung verbriefter Freiheitsrechte im Staatsgrundgesetz des
Königreichs Hannover protestierten und für ihre Überzeugungen
Amtsenthebung und Exil in Kauf nahmen. Die Februarrevolution 1848 in
Frankreich gab endlich den Anstoß für die lange ersehnten Revolution
in Deutschland. Millionen erhoben sich in allen Teilen des Deutschen
Bundes gegen die alte Ordnung. Abermals kam dabei der akademischen
Jugend eine führende Rolle zu, wobei sich besonders der Progress
hervortat, eine junge, fortschrittliche Studentenvereinigung, die in
betonter Abgrenzung zu den korporierten Burschenschaftlern nur
locker organisiert war. Es waren auch Studenten, die zusammen mit
Arbeitern im März 1848 in Wien den Staatskanzler Fürst von
Metternich, die Symbolfigur der Reaktion, stürzten.
Antirepublikanische Studentenbewegung
Spätestens mit der Gründung des deutschen
Kaiserreichs endete das progressive Engagement der
Studentenbewegungen, und die Korporationen mutierten in der
Folgezeit zu Horten des staatstragenden und vaterländischen
Traditionalismus. Dies zeigte sich in der Weimarer Zeit, in der die
organisierten Studenten als monarchistische Feinde der Republik in
Erscheinung traten, ehe sie sich im Dritten Reich nur allzu
bereitwillig im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund
(NSDStB) gleichschalten ließen. Zum Sinnbild für die an den
Universitäten vorherrschende Geisteshaltung wurde 1933 die von der
Deutschen Studentenschaft (DSt) unter dem Motto „Deutsche
Studenten marschieren wider den undeutschen Geist” initiierte
Verbrennung von Büchern marxistischer, pazifistischer, jüdischer und
als dekadent verunglimpfter Autoren. Bei der DSt handelte es sich um
die Dachorganisation der ASTAs, der Allgemeinen Deutschen
Studentenausschüsse, die am 17. Juli 1919 als Institutionen der
studentischen Selbstverwaltung aus den Zusammenschlüssen der
nicht-korporierten Studenten der Kaiserzeit hervorgegangen waren.
Die Studentenbewegung Weiße Rose, die sich im Frühjahr 1942
im Umfeld der Münchner Universität als Widerstandsgruppe gegen das
NS-Regime formierte, bildete eine absolute Ausnahme.
Studentenbewegung der Sechzigerjahre
Am Konformismus der überwiegenden Mehrheit der
Studenten änderte sich auch in der Nachkriegszeit wenig. Dies
änderte sich erst nach dem Bruch des Sozialistischen Deutschen
Studentenbundes (SDS) mit der Mutterpartei SPD, nachdem diese
mit dem Godesberger Programm 1959 einen deutlichen Rechtsruck
vollzogen hatte. Der SDS wurde in den Sechzigerjahren des 20.
Jahrhunderts zum Sprachrohr einer neuen Studentenbewegung, die
zunächst gegen die Studienbedingungen an den deutschen Universitäten
aufbegehrten, ehe sie unter dem Eindruck der studentischen Proteste
in Dutzenden von Universitätsstädten in West und sogar Ost als eine
selbst ernannte Außerparlamentarische Opposition die
gesellschaftlichen Verhältnisse schlechthin in Frage stellte.
Weltweite Studentenbewegungen
Auch in anderen Teilen der Welt setzten in der
Vergangenheit immer wieder Studentenbewegungen mehr oder minder
erfolgreich gesellschaftliche Umwälzungsprozesse und politische
Reformen in Gang. Zu nennen wären u. a. die Vierte-Mai-Bewegung, die
1919 den Anstoß zur kulturellen Modernisierung Chinas gab; die gegen
die britische Kolonialherrschaft kämpfende Sudentenbewegung
Thakin unter Führung von U Aung San in den Dreißigerjahren in
Birma; das Free Speech Movement und die Students for a
Democratic Society als Teil der amerikanischen
Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement) in den
Sechzigerjahren; die Zengakuren als Träger der japanischen
Studentenrevolte der Sechzigerjahre; die studentische Reformbewegung
im Vorfeld des Prager Frühlings 1968; die 1989 auf dem Platz des
Himmlischen Friedens in Peking blutig niedergeschlagene chinesische
Demokratiebewegung; die Ende der Neunzigerjahre gegen die
Milosević-Diktatur gerichtete serbische Oppositionsbewegung Optor,
die 2004 zum Vorbild der „Orangen Revolution“ in der Ukraine wurde;
die Georgische Studentenbewegung (Kmara), die entscheidenden
Anteil an der Rosenrevolution 2003 hatte.