Die wichtigsten Parteien im Sudan sind die an
der Regierung der Nationalen Einheit beteiligte National Congress
Party (NCP), die aus der nordsudanesischen Nationalen
Islamischen Front (National Islamic Front, NIF)
hervorgegangen ist, der politische Arm der südsudanesischen
Widerstandbewegung, Sudan People's Liberation Movement (SPLM),
sowie die National Democratic Alliance (NDA), ein Bündnis aus
Democratic Union Party (DUP) und Umma Party (UP).
Verwaltungsstruktur
Der Sudan untergliedert sich in 26 Staaten (wilayat),
die jeweils über eigene Verwaltungsinstitutionen verfügen: Aali an
Nil , Al Bahr al Ahmar, Al Buhayrat, Al Jazirah, Al Khartum, Al
Qadarif, Al Wahdah, An Nil al Abyad, An Nil al Azraq, Ash Shamaliyah,
Bahr al Jabal, Gharb al Istiwaiyah, Gharb Bahr al Ghazal , Gharb
Darfur, Gharb Kurdufan, Janub Darfur, Janub Kurdufan, Junqali,
Kassala, Nahr an Nil, Shamal Bahr al Ghazal, Shamal Darfur, Shamal
Kurdufan, Sharq al Istiwaiyah, Sinnar und Warab.
Geschichte
Große Teile des heutigen Sudan (arabisch für
„schwarz“) gehörten einst zur antiken Region Nubien, die ab dem 16.
Jahrhundert v. Chr. abwechselnd von Ägyptern, Kuschiten, Äthiopiern
und Arabern beherrscht wurde. Der Gegensatz zwischen der überwiegend
hellerhäutigen Bevölkerung im Norden des Sudan und der negriden im
Süden geht bis in nubische und altägyptische Zeit zurück, hängt aber
auch mit der Islamisierung und Arabisierung der seit dem 6.
Jahrhundert christlich-koptischn Reiche Donga und Soba zusammen, die
sich zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert vollzog. Sie reichte
jedoch nur bis zum großen Schilfmeer, das als natürliche
geographische Grenze den negriden Süden, der Schwarzafrika zugewandt
ist, vom muslimischen Norden schied.
Britisch-ägyptische Herrschaft und
Mahdi-Aufstand
1821/22 eroberten Ägypter auf der Jagd nach
Gold, Elfenbein und vor allem Sklaven das seit dem 16. Jahrhundert
im Sudan bestehende Reich Sennar und machte es zur Kolonie. In den
folgenden Jahrzehnten erweiterte Ägypten seinen Machtbereich bis es
1874/75 mit der Unterwerfung der Region Darfur seine Expansion
abschloss. Geschwächt durch einen Staatsbankrott geriet Ägypten kurz
darauf unter die Herrschaft der Briten, die den Sudan von eigenen
Gouverneuren regieren ließen.
Gegen diese Fremdbestimmung erhob sich 1881
Mohammed Ahmed ibn Saijid Abd Allah, der sich selbst als der
muslimische Heilsbringer „Mahdi“ verherrlichen ließ. Er rief den
Heiligen Krieg aus, besiegte im November 1883 die
britisch-ägyptischen Truppen, nahm im Januar 1885 Khartum ein und
errichtete das Kalifat von Omdurman. Großbritannien entsandte eine
Expeditionsarmee, der es aber erst am 2. September 1898 gelang, den
Mahdi-Aufstand niederzuschlagen. Der Sudan wurde in ein
britisch-ägyptisches Kondominium überführt, das wie eine Kolonie
verwaltet wurde und bis zur Auflösung des Empires 1953 Bestand
hatte. Im Süden des Landes war indessen der Einfluss des Islam durch
christliche Missionare zurückgedrängt worden.
Unabhängigkeit und Sezessionskrieg 1956 – 1972
Schon im Vorfeld der staatlichen
Unabhängigkeit des Sudan regten sich im Süden, in dem überwiegend
christliche aber auch immer noch natureligiöse Stämme dunkelhäutiger
Niloten (30 % der Gesamtbevölkerung) beheimatet sind,
separatistische Bestrebungen gegen die drohende politische Dominanz
des muslimischen Nordens, die sich nach der Staatsgründung, die
am 1. Januar 1956 erfolgte, zur offenen Rebellion ausweiteten. Nach
einem missglückten Aufstand flohen die führenden Sezessionisten ins
Exil nach Uganda, wo sie die Sudan African National Union (SANU)
gründeten, die zur politischen Speerspitze des Kampfes für einen
unabhängigen Süden wurde. Gleichzeitig formierte sich 1962 die
Guerillabewegung Anya-Nya (benannt nach einem Schlangengift),
die sich teilweise unterstützt von Israel mit den nordsudanesischen
Regierungstruppen einen fast zehn Jahre langen Partisanenkrieg
lieferte, der schätzungsweise eine halbe Million Tote forderte.
1969 errichtete General Jaafar Mohammed
an-Numeiri eine Militärdiktatur im Sudan, ließ sich 1971 formell zum
Präsidenten wählen und beendete 1972 den Bürgerkrieg, indem er den
drei südlichen Provinzen im Abkommen von Addis Abeba Autonomie
versprach.
Sezessionskrieg 1984 – 2004
Doch der zunehmend radikaler werdende
Islamisierungskurs, die ökonomische Benachteiligung und die
systematische Verschleppung des Autonomieprozesses durch seine und
die Regierungen danach sorgten dafür, dass der Süden nach über einem
Jahrzehnt relativer Ruhe 1984 erneut zu den Waffen griff und der
Bürgerkrieg wieder aufflammte. Er wurde auf Seiten des Südens nun
hauptsächlich von der 1983 gegründeten Sudan People’s Liberation
Army (SPLA) unter der Führung von John Garang de Mabior gegen
die mit dem Regime in Karthum verbündete South Sudanese Defense
Force (SSDF) geführt.
Dieser von Hungersnöten begleitete längste
Bürgerkrieg Afrikas musste erst mehr als zwei Millionen Menschen das
Leben kosten und über vier Millionen Menschen heimatlos machen, ehe
es 2002 nicht zuletzt auf Betreiben der Intergovernmental
Authority on Development (IGAD) zu ernsthaften Verhandlungen
kam. Diese mündeten in ein „Umfassendes Friedensabkommen“ (Comprehensive
Peace Agreement, CPA), das im Januar 2005 in Naivasha (Kenia)
unterzeichnet wurde. Die Einhaltung des Abkommens, das dem Süden bis
zu einem Referendum über die staatliche Unabhängigkeit für die Dauer
von sechs Jahren Autonomie und politische Teilhabe an der
Zentralregierung garantiert, wird seit Frühjahr 2005 von einer
Friedenstruppe der Vereinten Nationen im Rahmen der United
Nations Mission in Sudan (UNMIS) überwacht.
Das Friedensabkommen war nicht zuletzt deshalb
möglich geworden, weil die Regierung in Karthum die Entspannung im
Verhältnis zu den Nachbarn Ägypten und Libyen sowie zu den
europäischen Staaten und den USA nicht aufs Spiel setzen wollte, die
sich seit ihrer religiösen Mäßigung in der Politik und seit der
Aufnahme von Erdölexporten im April 2000 Bahn gebrochen hatte. Allzu
lange war der Sudan wegen der Unterstützung des Iraks im Golfkrieg
1991 in der arabischen Welt weitgehend isoliert gewesen und
international u. a. wegen der Beherbergung des Terroristen Osama bin
Laden als Schurkenstaat am Pranger gestanden.
Darfur-Konflikt 2003 – 2006
Außerdem hatte die Regierung im Westen an der
Grenze zum Niger, Tschad und zur Zentralafrikanischen Republik eine
neue Krise zu meistern. Weitgehend unbemerkt von der
Weltöffentlichkeit war Anfang 2003 ein seit Jahrzehnten schwelender
Konflikt mit den drei Bundesstaaten der Region Darfur („Heimat der
Fur“), die ethnisch nicht zum „arabischen Sudan“ sondern zum
islamischen Westafrika („Sudan-Afrika“) gehört, zu blutigen
Auseinandersetzungen eskaliert. Darfur wurde wie die Randregionen im
Süden und im Nordosten (Beja) seit Bestehen des unabhängigen Sudan
von der Zentralregierung vernachlässigt oder ausgebeutet, seine
schwarzafrikanischen Bevölkerungen durch die Arabisierung und
Islamisierung diskriminiert. Hinzu kam der Streit zwischen
nomadisierenden arabischen Hirten aus dem Norden und den sesshaften
schwarzafrikanischen Ackerbauern um die immer knapper werdenden
Wasserressourcen, Weide- und Ackerbauflächen.
Vor diesem Hintergrund formierten sich in
Darfur eine Sudan Liberation Army (SLA) und ein Justice
and Equality Movement (JEM), die gewaltsam gegen ihre
Benachteiligung ankämpfen wollten. Dabei bekamen sie es mit den
Janjaweed (arabisch für „Diabolische Reiter“) zu tun, die im
Dienste der Regierung standen. Der Feldzug dieser
menschenverachtenden arabischen Reitermilizen gegen die Rebellen
artete immer mehr zum grausamen Terror gegen die schwarzafrikanische
Zivilbevölkerung und zum gezielten Genozid gegen Stammesangehörige
der Fur, Zaghawa und Masalit aus. Hier wurden aus einem
rassistischen Überlegenheitsdünkel, der in der Tradition der
arabischen Sklavenhalter steht, schwarze Muslime von weißen Muslimen
abgeschlachtet, obwohl dies der Koran verbietet. Erst als
Flüchtlinge zu Hunderttausenden die Grenzen zum Tschad stürmten,
konnte die Regierung die verheerende humanitäre Katastrophe in
Darfur nicht mehr kaschieren.
Friedensprozess seit 2006
Nach einer Flut fruchtloser Resolutionen des
UN-Sicherheitsrates und mehreren vergeblichen Verhandlungsrunden
sorgte erst massiver Druck von Seiten der Afrikanischen Union (AU),
der USA und der EU im Mai 2006 für ein Friedensabkommen (Darfur
Peace Agreement, DPA). Es sichert der Region Darfur ein höheres
Maß an politischer Mitbestimmung und einen größeren Anteil an den
Reichtümern des gesamten Landes zu. Ferner verpflichtet es die
Regierung zur Entwaffnung der Janjaweed, die jedoch
inzwischen völlig außer Kontrolle geraten zu sein schienen.
Rebellen, die sich dem DPA verweigerten, haben sich mittlerweile in
einer so genannten National Redemption Front (NRF) neu
formiert, um den Kampf gegen die Zentralregierung fortzusetzen.
Gegen den Willen der Regierung in Karthum
wurde eine Friedenstruppe der African Union Mission in Sudan
(AMIS) auf Beschluss des UN-Sicherheitsrates zum 31. Dezember 2006
mit der im Südsudan aktiven UNMIS zusammengefasst und mit einem
Mandat für Darfur ausgestattet. Nach Schätzungen der Vereinten
Nationen waren seit Ausbruch des Konflikts in Darfur etwa
300 000 Menschen ums Leben gekommen, mindestens 70 000 davon durch
Gewalttaten der Janjaweed-Milizen, die übrigen durch Hunger
und Krankheiten.