Universalienstreit  

(von lateinisch universalia: Allgemeinbegriffe)

 

Meinungsverschiedenheit innerhalb der Scholastik über den Stellenwert der – den platonischen Ideen vergleichbaren – Universalien, deren Deutung sich im Verlauf des Mittelalters mehrfach änderte.

Im Universalienstreit der Scholastik vertraten die Nominalisten (von lateinisch nomen: Namen) die Auffassung, dass Gattungsbegriffe bzw. Universalien wie „Mensch", „Pferd", „Tisch" etc. nicht im Sinn der Ideenlehre Platons das Wesen der Dinge zum Ausdruck brächten, sondern dass es sich lediglich um konventionelle Zeichen handle, die für konkrete Dinge stünden. Mit der Behauptung „universalia sunt nomina ergo post rem" („Allgemeinbegriffe sind Namen und stehen damit nach dem Ding") wandten sie sich gegen den Versuch der Realisten, mit Hilfe des Satzes „universalia sunt realia ergo ante rem" („Allgemeinbegriffe sind Wirklichkeiten und stehen damit vor dem Ding"), zum Gottesbeweis die Schöpfung als Verwirklichung präexistenter Ideen darzustellen, wie es auch im Johannesevangelium zum Ausdruck kommt: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort ... Alles ist durch dieses geworden, und ohne es wurde auch nicht eines von dem, was geworden."

Gemäß der Auslegung unterscheidet man drei Perioden. So sprach der gänzlich platonisch geprägte (im Grunde idealistische) extreme Realismus des 11. Jahrhunderts, wie ihn u. a. Anselm von Canterbury und Wilhelm von Champeaux vertraten, den Ideen objektive Realität zu („universalia sunt ante rem" bzw. „universalia sunt realia").

Unter dem Einfluss der aristotelischen Philosophie betonte der gemäßigte Realismus des 12. und 13. Jahrhunderts um Pierre Abélard, Albertus Magnus und Thomas von Aquin hingegen die Immanenz des Geistigen in der Materie („universalia sunt in re"). 

Der Nominalismus des 13. und 14. Jahrhunderts schließlich, namentlich aber Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham, aberkannte den Allgemeinbegriffen jegliche objektive Realität, degradierte sie zu Namen für gewisse Gattungen von Dingen und schied den Glauben letztlich vom Wissen („universalia sunt nomina" bzw. „universalia sunt post rem").

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw)