Vorruhestand

Das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben vor dem gesetzlich vorgesehenen Renteneintrittsalter; Rechtsgrundlagen sind Gesetze, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen.

In Deutschland möchten bis zu zwei Drittel aller Arbeitnehmer zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Dies wurde lange Zeit auf breiter Front begrüßt: von jüngeren Arbeitnehmern, die sich bessere Aufstiegschancen erhofften; von Arbeitgebern, die sich älterer und teurerer Mitarbeiter entledigen konnten; von der Politik, die sich vom Vorruhestand eine Entlastung des Arbeitsmarkts versprach. So konnten ab 1973 Männer und Frauen vorzeitig mit 63 bzw. 60 Jahren ohne finanzielle Einbußen in den Ruhestand gehen. Dies ließ bis 1982 das tatsächliche Renteneintrittsalter von durchschnittlich 61,5 auf 58,2 Jahre sinken.

Da die Vorruhestandsregelungen die Sozialsysteme stark belasteten, wurden Anfang der neunziger Jahre das gesetzliche Rentenalter schrittweise wieder heraufgesetzt und Rentenabschläge für Vorruheständler eingeführt. Die Renten- und Arbeitsmarktreformen der rotgrünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder machten eine Frühverrentung noch unattraktiver: Nach der neuen Gesetzeslage ist für Männer ab 1. Januar 2006 und für Frauen ab 1. Januar 2009 vor dem 65. Lebensjahr keine abschlagsfreie Verrentung mehr vorgesehen. Der staatlich finanzierte Vorruhestand beginnt dann frühestens mit 63,5 Jahren. Arbeitnehmern, die früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden wollen, bleibt dann nur noch die größtenteils vom Arbeitgeber finanzierte Altersteilzeit (siehe Arbeitszeitverkürzung) oder eine entsprechende Eigenvorsorge. Schätzungen zufolge stehen durch diese Maßnahmen dem Arbeitsmarkt schon 2008 rund 560 000 ältere Arbeitskräfte zusätzlich zur Verfügung.

2005 gingen Männer und Frauen zwar im Durchschnitt erst wieder mit 63,1 bzw. 63,3 Jahren in den Ruhestand. Dennoch lag das Erwerbsaustrittsalter immer noch deutlich unter dem Renteneintrittsalter. Bei rund 60 Prozent aller Arbeiter und Angestellten wurde diese Lücke durch den Vorruhestand geschlossen, den in fast zwei Dritteln aller Fälle die Arbeitslosenversicherung finanzierte. Nur gut ein Drittel arbeitete vor dem Renteneintritt Voll- oder Teilzeit.

Verfasst von:
Roland Detsch

(© cpw, 2006)