Allgemeine Bezeichnung für
ein vielfältiges Spektrum von Disziplinen der
realwissenschaftlich orientierten Forschung und Lehre, die auf
Erkenntnisgewinn in Fragen des Wirtschaftsgeschehens und seiner
Zusammenhänge abzielen; im engeren Sinn gebräuchlicher
Oberbegriff für die an den Hochschulen gelehrten
Hauptdisziplinen Volkswirtschaftslehre und
Betriebswirtschaftslehre bzw. Makroökonomik und Mikroökonomik.
1. EINLEITUNG
Den eigentlichen Kern der Wirtschaftswissenschaften bildet die
Wirtschaftstheorie, die den übrigen Disziplinen das notwendige
analytische und methodische Rüstzeug zur Verfügung stellt. Sie
nutzt Erkenntnisse über Grundlagen, Voraussetzungen,
Zusammenhänge und Folgen menschlichen Wirtschaftens. Der positiven Ökonomik
geht es dabei durch empirische Beobachtung des wirtschaftlichen
Geschehens und Aufdeckung seiner Kausalzusammenhänge im
Wesentlichen um eine gesicherte Prognostik. Die normative Ökonomik
fragt anschließend nach den Gestaltungsmöglichkeiten des
wirtschaftlichen Geschehens vor dem Ziel wirtschaftlicher und
materieller Freiheit und Gerechtigkeit, Chancengleichheit,
sozialer Sicherheit und steigenden Wohlstands.
2. WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHE
DISZIPLINEN
Wichtigste
Disziplin der Wirtschaftswissenschaften ist neben der auf
Probleme der Unternehmensführung fokussierten
Betriebswirtschaftslehre mit den Teilbereichen Produktions- und
Absatzwirtschaft, Organisation und Personalwirtschaft sowie
betriebliche Investitions- und Finanzwirtschaft die
Volkswirtschaftslehre unter Einschluss der mikro- und
makroökonomischen Theorie, der Finanzwissenschaften sowie der
angewandten Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik. Weitere
wirtschaftswissenschaftliche Facetten werden in Fachbereichen
wie Wirtschaftsingenieurswesen und Produktionstechnik,
Wirtschaftsinformatik, Wirtschafts- und Steuerrecht, Statistik
und Ökonometrie, Wirtschaftspsychologie und
Wirtschaftsgeographie vermittelt.
Insgesamt schöpfen die
Wirtschaftswissenschaften wesentlich aus den
Forschungsergebnissen der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, die
sich der Darstellung, Untersuchung und Erklärung historisch
belegter Wirtschaftsformen im Licht der jeweiligen
sozioökonomischen Verhältnisse widmet und damit in gewisser
Weise eine interdisziplinäre Brücke zu den Sozial- und
Geisteswissenschaften schlägt.
3.
GESCHICHTE DER WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
Die Wirtschaftswissenschaften als geschlossenes System
entwickelten sich im Zug der bürgerlichen Revolution und wurden
genährt vom wirtschaftlichen Fortschritt der Neuzeit auf dem Weg
zum Industriestaat, dessen Entwicklung und Ausprägung sie
wesentlich mitbeeinflussten.
In
Gegnerschaft zur merkantilistischen Politik der Wirtschaftslenkung
entwarfen die Physiokraten um François Quesnay Mitte des
18. Jahrhunderts erstmals eine in sich schlüssige
Wirtschaftstheorie, die von einem geschlossenen, quasi
naturgesetzlichen Wirtschaftskreislauf ausging. Mit ihrem Postulat
eines ungezügelten Freihandels als
notwendige Voraussetzung für
gesellschaftliche Wohlfahrt inspirierten sie u. a. die klassische
Nationalökonomie, deren Begründer Adam Smith im menschlichen
Eigennutz die Triebkraft für wirtschaftlichen Erfolg sah und
dementsprechend für ein Laissez-faire des Staates plädierte. Sein
Werk Wealth of Nations
(1776) lieferte erstmals einen Überblick über den Gesamtbereich
der Wirtschaftswissenschaften. Seine Analysen zu den Problemen des
Marktes, zur Interdependenz von Angebot und Nachfrage waren
richtungweisend für die Arbeiten so bekannter Nationalökonomen wie
Jean Baptiste Say, Thomas Robert Malthus und David Ricardo.
Die klassische Wertlehre wurde zum Impulsgeber auch der
Wirtschaftstheorie des wissenschaftlichen Sozialismus. Die Lehre
vom Mehrwert und seiner Akkumulation nimmt beispielsweise bei
Karl Marx eine zentrale Stellung bei der Beschreibung der
wirtschaftlichen Dynamik ein. Ihm gelang es zudem als Erstem,
ein Kreislaufschema für eine fortschreitende Wirtschaft zu
entwerfen.
Einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Grundlagen der
Wirtschaftswissenschaften in Deutschland leistete in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts die historische Schule der
Nationalökonomie. Sie bemühte sich um die Ausarbeitung von
Stufentheorien zur Erklärung der wirtschaftlichen Entwicklung
und trieb die wirtschaftshistorische Forschung voran (Gustav von
Schmoller).
Die eigentlichen Fundamente der modernen
Wirtschaftswissenschaften wurden von John Maynard Keynes und dem
Keynesianismus, dem Neoliberalismus sowie von Milton Friedman
und dem Monetarismus gelegt. Die Wirtschaftswissenschaften
öffneten sich während der vergangenen Jahrzehnte zunehmend
mathematisch-statistischen Ansätzen und Darstellungsweisen und
gingen eine engere Verbindung zwischen Theorie und Empirie ein.