Da
verstehe noch einer die Welt. Während Washington sich auf die UNSCOM
beruft, um gegen einen angeblich bis an die Zähne bewaffneten Saddam
Hussein mobil zu machen, geht einer ihr einstigen Chefs in Bagdad ein und aus und
erteilt der irakischen Führung taktische Ratschläge. Bevor Scott Ritter
1998 aus Frustration über mangelnde Rückendeckung aus den USA seinen
Dienst quittierte, wurde er dort noch als Provokateur und Lügner beschimpft
und mit Waffengewalt an der Arbeit gehindert. Doch hatte der Ex-Marine und Golfkriegsveteran vor der Operation „Desert Fox“ noch die Blauäugigkeit der Clinton-Administration anprangert, so beschuldigt er heute seinen Parteifreund George W. Bush der Scharfmacherei durch bewusste Übertreibung des irakischen
Bedrohungspotentials.Krieg
gegen den Irak. Was die Bush-Regierung verschweigt lautet der
investigative Titel eines Büchleins, in dem der Bostoner Friedensaktivist
William Rivers Pitt ein Interview mit Ritter dokumentiert, der im Schutze
diplomatischer Immunität schwere Vorwürfe erhebt. „Wenn ich mich zu Wort
melde, dann um die Demokratie zu stärken, aber es hat nichts mit Verrat an
meinem Land zu tun.“ Ohne den Diktator zu beschönigen, attestiert er
Saddam nachgerade bemerkenswerte Kooperationsbereitschaft. Schuld an der
prekären Lage gibt Ritter seinem Vorgesetzten Richard Butler, der
die Instrumentalisierung der UNSCOM durch CIA-Spione geduldet und sich nach
dem Rausschmiss aus dem Irak der US-Regierung als Kronzeuge angedient habe.
Dass
Saddam nach den systematischen Zerstörungen von Forschungseinrichtungen und
Produktionsstätten über keine nennenswerten Waffenarsenale mehr verfügt,
steht für den einstigen UNO-Detektiv außer Frage. Als absolut lächerlich
tut er eine Connection dieses Islamistenfressers zu Osama bin Ladens
al-Qa’ida ab: „In den Augen dieser Leute verköpert er das Böse
schlechthin.“ Und Ölinteressen spielen nach seinem Dafürhalten im
Irak-Konflikt keine Rolle. Als treibende Kräfte hinter Bushs Muskelspiel
sieht Ritter die neokonservativen Betonköpfe um den Alt-Falken Donald
Rumsfeld, Paul Wolfowitz („tollwütiger Irrer von der extremen Rechten“)
und Richard Perle („Fürst der Finsternis“) am Werk. Er befürchtet,
dass diese selbst ernannten Rächer Israels bereits zu viel politisches
Kapital in ihre Kampagne investiert haben, um ohne Gesichtsverlust von
Saddam ablassen zu können.
Trotz
dürftiger Hintergrundinformationen etwa über die Rolle der Briten in
diesem Spiel mit dem Feuer ein denkwürdiges Buch, das die Skrupel vor einer
Beteiligung an einem „Abenteuer“ im Irak in einem anderen Licht
erscheinen lassen dürfte.